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welches Gesetz anzuwenden, nicht in Befolgung von Anweisungen
in diesem Sinne (LABAnD, Staatsrecht des Deutschen Reichs, & 43,
2. Aufl.).
Daraus würde sich ergeben, dass die Gerichte und ihre
Thätigkeit von allen Seiten mit Gesetzen umgeben, nämlich ge-
schützt und beaufsichtigt, sein müssen, die von gesetzlich dazu
bestimmten Behörden auszuführen sind, damit keinerlei Einwir-
kung auf die Gerichte geschehen kann, wie durch das Gesetz und
seine Anwendung.
Die Vergleichung dieser Folgerung mit dem thatsächlichen
Zustande ergiebt, dass die Grundsätze des Art. 86 Preuss. Verf.
und des $ 1 G.-V.-G. keineswegs durchgeführt sind.
Die Preussische Gesetzgebung, hervorgegangen aus den An-
schauungen von Staatsmännern und Verwaltungsbeamten, welche
die Anwendung des Gesetzes im Streitfalle für eine Sache ebenso
prompter und alle Zweifel ausschliessender Entschlossenbeit
hielten wie die Anwendung einer Dienstinstruktion oder eines
dienstlichen Befehls, die Preussische Gesetzgebung legte von jeher
ein ganz besonderes Gewicht auf die Beaufsichtigung der Recht-
sprechung durch eine Persönlichkeit, welche mit den Intentionen
an höchster Stelle vertraut war.
Schon der $ 2 Allg. G.-O. III, 2 erklärt:
„ihre (der Präsidenten und Direktoren der Justizkollegien)
Hauptpflicht besteht darin, dass sie die in den Kollegien ein-
geführte gute Ordnung beständig unterhalten; allen sich ein-
schleichenden Missbräuchen mit Eifer und Nachdruck steuern;
und überhaupt auf eine gründliche, schleunige und recht-
schaffene Justizpflege ihr ununterbrochenes Augenmerk richten
sollen.“
Sie müssen die Mitglieder und Subalternen zu ihrer Pflicht
mit Glimpf und Freundlichkeit, nöthigenfalls mit Ernst und Nach-
druck anhalten (8 6), Konduitenlisten ($ 13) führen, hauptsäch-
lich auch die Geschäfte im Gange erhalten und einer Verschlep-
pung, von welcher Seite es sei, vorbeugen ($ 23), die Unter-
gerichte und deren Justizbediente überwachen und alle diese,
mit noch anderen, Pflichten beschwören ($ 43).
Archiv für öffentliches Recht. XIII. 4. 38