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landesgerichtspräsidenten, dem Landgerichtspräsidenten hinsicht-
lich sämmtlicher bezw. der Gerichte seines Bezirks zu. Eine
‚Vermischung von Entscheidung in Rechtssachen und in Aufsichts-
sachen ist damit völlig ausgeschlossen; die Dienststellen der
Rechtsprechung und der Aufsicht sind völlig getrennt, wenn auch
die Oberlandesgerichtspräsidenten und die Landgerichtspräsidenten
für ihre Person an der Rechtsprechung theilnehmen.
“Ferner ist der Versuch gemacht, die Form, in welcher das
Aufsichtsrecht ausgeübt werden darf, gesetzlich festzulegen; es
wird die ordnungswidrige Ausführung eines Amtsgeschäfts gerügt
und zu dessen rechtzeitiger und sachgemässer Erledigung er-
mahnt.
Eine nähere Bestimmung der vom & 1 des Gesetzes vom
7. Mai 1851 erforderten Thatbestände, eine Angabe, wann ein
Amtsgeschäft ordnungswidrig ausgeführt bezw. rechtzeitig und
sachgemäss erledigt ist, — so weit gefasst diese Begriffe sind,
giebt auch die neuere Gesetzgebung nicht.
An die Stelle eines solchen Gesetzes tritt die Ansicht der
in & 78 Ausf.-G. zum G.-V.-G. bestimmten Aufsichtsbeamten
oder des Disziplinargerichts. An seine Stelle tritt die Beschwerde
bei dem höheren Aufsichtsbeamten oder die Entscheidung des
Disziplinargerichts ($ 22 Ges. über Abänderung der Disziplinar-
bestimmungen).
Der Mangel jenes Gesetzes bringt den Richter in Gefahr
eines Konflikts mit seinem Vorgesetzten, welcher dessen Autorität
oder die dienstliche Lage des Richters in Zweifel zu stellen ge-
eignet ist. Der Mangel jenes Gesetzes wiegt um so schwerer,
als sich die Zeitanschauungen über Pflichten fortwährend ändern,
während die unbestimmten Begriffe jener Disziplinarbestimmungen
mit einer Tradition ihrer Anwendung feststehen bleiben und so
geeignet sind, wenn nicht einen Schuldlosen, so doch einen minder
oder unbewusst Schuldigen zu treffen.
1.
Nach $ 1 R.-G.-V.-G. sollen die Gerichte nur dem Gesetze
unterstehen, d. h. dem Willen des Gesetzgebers im einzelnen