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beispielsweise über das Börsengesetz, die Verschuldungsbeschränkung (bei
der leider nur mein Vorschlag übergangen ist, — s. SCHMOLLER’s Jahrbuch
Bd. 16 S. 43), über die Bedeutung des Bauernstandes u. s. w., im Einzelnen
noch weiter hervorheben, so würde ich die Grenzen einer Besprechung an
dieser Stelle weit überschreiten müssen.
Kassel, K. Schneider, Landgerichtsrath.
Gottfried Koch, Beiträge zur Geschichte der politischen Ideen
und der Regierungspraxis. 2. Theil: Demokratie und Kon-
stitution. (1750—1791). Berlin, R. Gärtner, 1896. VIII u. 242 S.
gr.8. M.6.—.
Der erste Theil des Werkes, der im Jahre 1892 erschienen ist, be-
handelte „Absolutismus und Parlamentarismus“. Der Verf. will zeigen, wie
die politischen Ideen vielfach durch die Entwickelung der wirklichen Ver-
hältnisse der Staaten in Verfassung und Verwaltung beeinflusst worden sind,
und dann ihrerseits wieder diese beeinflusst haben. Wenn er nun im vor-
liegenden Bande zu den Ideen der Demokratie und des Konstitutionalismus
kommt, den Ideen, die auch für die heutige Zeit noch die grösste Bedeutung
haben, so ist es natürlich, dass J. J. Rousseau ein Kapitel gewidmet wird.
In dieser Art aber noch nicht wird bisher der Nachweis geführt sein, wie
sehr die Ideen Rousseau’s von den thatsächlichen Zuständen der Republik
Genf beeinflusst worden sind. Sind die Rousseau’schen Theorien die eine
Quelle der Auffassungen über die Staatsverfassung und Verwaltung, wie sie
die erste Periode der französischen Revolution beherrschten, so weist der
Verf. eine nicht weniger bedeutende in den Theorien nach, die den Kampf
der Parlamente mit den Ministern der beiden letzten französischen Könige
begleiteten. Es ist höchst merkwürdig, wie sich hier fast gegen den Willen
der Betheiligten aus der ständischen Auffassung von „Repräsentation* und
„Freiheit“ die moderne staatsbürgerliche entwickelt. Der Einfluss der Ver-
fassung der amerikanischen Freistaaten auf die Entwickelung der französischen
und durch diese der weiteren europäischen Verfassungen wird nach Koch
überschätzt, bedeutender ist der der englischen Verfassung gewesen, aber
dieser nicht, wie sie wirklich war, sondern wie sie sich in den Köpfen der
Schriftsteller auf englischer Seite, besonders BLAcKsToxE's spiegelte. Die
Gestalt, die die englische Verfassung in der Theorie angenommen hat, und
die Wirkung gerade dieser Theorie auf die wirklichen Verhältnisse anderer
Staaten, ist vielleicht das beste Beispiel der gegenseitigen Einwirkung der
Wirklichkeit und der Ideen auf einander und wird denn auch von dem Verf.
dem Grundgedanken seines Werks entsprechend mit unverkennbarer Vorliebe
behandelt. In der Entwickelung der amerikanischen Dinge tritt das geistige
Element gegenüber dem rein thatsächlichen, tritt die Gestaltung durch be-