Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dreizehnter Band. (13)

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sprechenden Kreis zugehöriger Rechtssätze ist in den theoretischen Grenz- 
linien umso weniger scharf erkennbar, je weiter ihr praktisches Anwendungs- 
gebiet reicht, je mannigfaltiger das staatliche Leben ihren Inhalt gestaltet. 
Der grösste deutsche Bundesstaat hat dementsprechend nicht nur das an ge- 
schichtlich überkommenen und legislativ neu ausgebauten Instituten, reichste, 
sondern zugleich auch das am wenigsten übersichtliche Verwaltungssystem 
unter allen anderen deutschen Bundesstaaten. Die Theorie des preussi- 
schen Verwaltungsrechts kämpft daher mit den grössten Reibungshemm- 
nissen und dieser Kampf wird dadurch natürlich nicht erleichtert, dass das 
Verwaltungsrecht im preussischen Studien- und Prüfungssystem bisher die 
denkbar untergeordnetste Rolle gespielt hat. Allmählich erst dämmert es 
hier in den zuständigen Kreisen und es ist Hoffnung vorhanden, dass in ab- 
sehbarer Zeit der „geprüfte“ Jurist in Preussen allmählich soweit im Ver- 
waltungsrecht seines Heimathsstaates orientirt ist, wie der sächsische oder 
bayrische Jurist. Dann wird das schöne grundlegende Werk OrTTo MayeEr’s 
nach Verdienst weit in die Kreise der Praktiker gedrungen sein und dort 
die Erkenntniss befestigen, dass das der Verwaltung eigenthümliche Öffentliche 
Recht an Reichhaltigkeit und Formenfülle jeder der anderen befestigten 
Rechtsdisziplinen gleichkommt, die es an praktischem funktionellen Werth 
übertrifft. Bis auf Weiteres, his es gelingt, eine im Geiste des O. MayEr- 
schen Verwaltungsrechts gehaltene Speziallitteratur zu schaffen, — es soll auch 
in unserem Archiv an gesteigerten Bemühungen fortan nach dieser Richtung 
nicht fehlen, — liegt der Schwerpunkt der wissenschaftlichen Arbeit zumal 
für das preussische Recht in der umfassenden Rechtsprechung der fachlichen 
Gerichte, im Besonderen des kgl. preussischen Oberverwaltungsgerichts. Die 
in 30 Bänden niedergelegten Entscheidungen dieses Gerichtshofes zeichnen 
sich zumeist durch eine klare sachliche, dem Gekünstelten grundsätzlich ab- 
gewandte juristische Erkenntniss des wirklichen Lebens und seiner Bedürf- 
nisse aus. Ihre referirende und argumentirende Art ist so glücklich, von 
der politischen Leidenschaft der suggestiven Worte nichts zu wissen, auch 
da, wo der oberste Verwaltungsrichter in Diskussionen entscheidend eingreift, 
die durch den täglichen Zank der Parteien der objektiven juristischen Lösung 
fast entrückt scheinen. In dem Bestreben, die praktische Handhabung der 
dort niedergelegten Rechtskenntniss und Rechtswissenschaft zu erleichtern, 
den Zugang weiteren Kreisen zu eröffnen, haben zunächst die Mitglieder 
des Öberverwaltungsgerichts B. v. Kamptz und ST. GENZMER die grosse 
Sachkunde und ein feines Unterscheidungsvermögen fordernde Aufgabe 
übernommen, die grundlegenden Entscheidungen nach Materien und inner- 
halb derselben in systematischen Gruppen geordnet zur Darstellung zu 
bringen. Ihnen schlossen sich in den folgenden Bänden Öberverwal- 
tungsgerichtsrath Pr. FrEYTas, Verwaltungsgerichtsdirektor A. GERMERS- 
HAUSEN, Regierungsrath M. Dırksen und Landgerichtspräsident E. BARRE 
bei der Durchführung des grossen und verdienstvollen Unternehmens er-
	        
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