— 618 —
welche lautet: „Polizei ist ein Thun, bestehend in der nach Maassgabe von
Recht und Gesetz mittelst Vorbeugung, Beseitigung und Erforschung ge-
übten Hemmung (Bekämpfung) natürlicher und persönlicher Kräfte, in deren
Bestreben nach Ausdehnung und Geltung, insoweit durch dieses Bestreben
dıe öffentliche bürgerliche Ordnung bedroht oder gestört wird“ (S. 44).
Unseres Erachtens verlohnt es sich kaum, dass man auf Feststellung
eines solchen Begriffes viel Mühe verwende, wenn man nicht auch Folgerungen
daraus ziehen will, die ihn zugleich verwerthen und erproben. Das geschieht
hier nicht. Der zweite Theil hängt mit dem ersten nur lose zusammen.
Er behandelt die Frage: wie weit gelten für die Polizei die „Schranken,
mit welcher die Moral das menschliche Thun umgiebt“. Der Verf.
untersucht insbesondere mit grossem Ernst, wie die polizeiliche Thätigkeit
mit den Forderungen des Christenthums vereinbar bleibt. Die Lösung hat
er schon im ersten 'Theile vorbereitet, indem er ausführlich das Polizei-
beamtenthum mit einem Heer vergleicht, das zur Bekämpfung eines ge-
fährlichen Feindes, des Verbrecherthums, ausgerüstet und ausgesandt ist.
So meint er denn jetzt: „wie im Kriegsrechte die militärische Nothwendig-
keit den Ausschlag gibt, so darf im Kampfe gegen den inneren Feind
nur die polizeiliche Nothwendigkeit den Gebrauch unheiliger Mittel zu-
lassen* (S. 75). Wem fiele da nicht Luther’s schönes Büchlein ein: „Ob
Kriegsleute auch im seligen Stand sein können?“ Freilich, in Wirklichkeit
ist es ja doch kein Krieg, in welchem die Polizeibeamten stehen; es ist nur
ein Bild und Gleichniss, mit welchen die Darstellung hier arbeitet. Der Verf.
hält es denn auch für wünschenswerth, dass die Gesetzgebung zu Gunsten
der Polizei den Begriff des staatlichen Nothrechtes und die entsprechenden
Befugnisse „die zum Gebrauche unsittlicher Mittel führen“, ausdrücklich fest-
stelle (S. 75). Auf ein derartiges Gesetz wird aber kaum zu rechnen sein.
Strassburg. Otto Mayer.
Rudolf Scharpff, Regierungsrath im K. Württ. Ministerium des Innern,
Handbuch des Armenrechts. Eine mit Erläuterungen versehene
Zusammenstellung der reichs- und württembergischen landesgesetz-
lichen Bestimmungen über das Armenwesen. Stuttgart, W.Kohlhammer,
1896. 695 S. gr.8. M.5.—.
Wie die Titelangabe zeigt, handelt es sich hier darum, Allen, die mit
der Armenverwaltung in Württemberg zu thun haben, ein praktisches Hülfs-
mittel zu bieten. Wie andererseits die Seitenanzahl zeigt, ist zu diesem
Zwecke ein sehr umfangreiches Material zusammen getragen worden. Das
Unterstützungswohnsitzgesetz bildet den natürlichen Mittelpunkt, nebst den
württembergischen Ausführungsgesetzen. Das Freizügigkeitsgesetz, das Ja
‚wichtige Zusammenhänge bietet, ist vorausgeschickt. Alle diese (lesetze sind
mit zweckmässigen knapp. gefassten Erläuterungen und Hinweisen auf die
Rechtsprechung versehen.