Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierzehnter Band. (14)

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petenz des Monarchen; er ist nach aussenhin der Repräsentant 
des Staates, indem er sowohl dem Auslande gegenüber als auch 
den eigenen Unterthanen den Willen des Staates vermittelt. 
Die Verfassung des Deutschen Reichs hat von diesen Ein- 
richtungen der konstitutionellen Monarchie soviel übernommen, 
dass zunächst der Reichstag an dem zweiten Stadium des Gesetz- 
gebungsverfahrens keinen Anteil erhalten hat. Ferner aber ist 
sie, obwohl sie einen konstitutionell-monarchischen Einheitsstaat 
nicht schaffen wollte, den Einrichtungen der konstitutionellen 
Monarchie auch darin gefolgt, dass sie eine individuelle Persön- 
lichkeit zum Repräsentanten des Reichswillens bestellte. Es fand 
also eine Zerreissung des Anteils, welchen der konstitutionell be- 
schränkte Monarch an der Gesetzgebung hat, statt: diejenigen 
Befugnisse, kraft deren er auf die Bildung des Staatswillens be- 
stimmend einzuwirken hat, wurden bei Gründung des Deutschen 
Reichs dem Bundesrate zugewiesen; als Repräsentant des ge- 
setzgeberischen Willens des Bundesrates dem Reichstage gegen- 
über wurde der Kaiser bestellt; gleichfalls wurden dem Kaiser 
diejenigen Handlungen zugewiesen, welche auf die Herbeiführung 
der Rechtsverbindlichkeit des fertigen Reichswillens gerichtet 
sind; endlich fielen ihm auch die Befugnisse zu, die Thätigkeit 
der beiden gesetzgebenden Körperschaften in Gang zu setzen und 
im Grange zu erhalten. 
Man hat die Bestimmungen des Reichsstaatsrechtes über 
das Gesetzgebungsverfahren vielfach getadelt und Verbesserungs- 
vorschläge gemacht, nach welchen die behaupteten Mängel zu 
beseitigen seien. Soweit sich die Tadel auf den Mangel eines 
kaiserlichen Vetos gegen die Reichsgesetze gründen, erscheinen 
sie nicht gerechtfertigt; durch Einführung eines solchen Vetos 
wäre ein vollkommener konstitutionell-monarchischer Einheits- 
staat hergestellt, welcher den Wünschen eines grossen Teils der 
deutschen Regierungen und des deutschen Volkes widersprach 
und noch widerspricht. Allerdings ein unbedingtes Initiativrecht
	        
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