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gehören zwar zum Gesinde, jedoch finden die Vorschriften der
Gesindeordnungen in folgenden Punkten nicht auf sie An-
wendung. Es ist ohne Weiteres ersichtlich, dass sie mittelst
dieser Formulirung den gleichen Zweck würde erreicht haben,
und dass alsdann das neue bürgerliche Recht auf die gedachten
Personen nur in Ansehung vereinzelter Punkte hätte erstreckt
werden können.
Obschon nun das Reich den Einzelstaaten gestattet zu be-
stimmen, was unter dem Begriffe „Gesinde“ zu verstehen ist so
muss doch auch in dieser Hinsicht der Gesetzgebungsgewalt der-
selben eine Grenze gezogen sein. Wenn JASTROwW in dem an-
geführten Aufsatze bemerkt, die Landesgesetzgebung könne nicht
nur Hauslehrer und Erzieherinnen sondern auch die mit kamera-
listischer Bildung ausgestatteten Güterdirektoren der Grossgrund-
besitzer zu dem Gesinde zählen so muss hiergegen Widerspruch
erhoben werden; wollte man die Ansicht des genannten Schrift-
stellers als richtig erachten so wären die Einzelstaaten in der
Lage die aus sozialpolitischen Gründen seitens der Reichsgesetz-
gebung durchgeführte Verbesserung des Arbeits- und Dienstrechts
einfach dadurch illusorisch zu machen, dass sie die Zugehörigkeit
der betreffenden Personen zu dem Gesinde kurzer Hand de-
kretirten; ein stattlicher Theil der Privatbeamten könnte hier-
durch in die Kategorie der Dienstboten eingereiht werden z. B.
auch der an der Spitze der Vermögensverwaltung mediatisirter
Standesherren stehende Verwalter, welcher vor seinem Eintritt in
diese Stellung Amtsrichter oder Landrath war. Die Reichs-
gesetzgebung hat nicht daran gedacht und nicht daran denken
können der Landesgesetzgebung zu erlauben, die feststehenden
Grenzen zwischen dem Gesinde und den Angestellten, welche
Dienste höherer Art leisten, zum Nachtheil dieser zu verändern,
aus dem Inhalte der Vorschriften über den Dienstvertrag geht
in vollständig zweifelfreier Weise hervor, dass der Unterschied
zwischen diesen beiden Personenkategorien festgehalten worden