Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierzehnter Band. (14)

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an dem Leben oder der Gesundheit schädigt; für Benachtheiligung 
seiner Sittlichkeit hierdurch kann er keinen Schadenersatz be- 
gehren; dagegen ist er wenn der Dienstberechtigte die ihm in 
Ansehung der Sittlichkeit des Dienstverpflichteten obliegende 
Verbindlichkeiten nicht erfüllt zum sofortigen Austritt berechtigt, 
beispielsweise also der weibliche Dienstverpflichtete dann wenn ihm 
ein Schlafzimmer angewiesen wird, durch welches männliche 
Personen hindurchgehen um zu dem für sie bestimmten Schlaf- 
raum zu gelangen. Nunmehr kann dieses Austrittsrecht ohne 
Einhaltung einer Kündigungsfrist von den zu dem Gesinde ge- 
hörigen Personen in weiten Gebieten des Reichs nicht ausgeübt 
werden weil der Austritt ohne Kündigung ihnen unter Strafan- 
drohung und Androhung polizeilichen Zwangs vielfach verboten 
ist soweit nicht die in den Gesindeordnungen für die ausser- 
ordentliche Lösung des Dienstverhältnisses aufgestellten Voraus- 
setzungen vorhanden sind. Nach der altpreussischen Gesinde- 
ordnung von 1810 darf das Gesinde den Dienst nur aus den in 
ihr bezeichneten Gründen verlassen; darunter befinden sich aller- 
dings Verweigerung der nothdürftigen Kost und Angriff auf die 
Sittlichkeit allein es ist ohne Weiteres ersichtlich, dass es auch 
bei ausdehnender und freier Auslegung nicht möglich ist 
die Vernachlässigung der nach Obigem dem Dienstberechtigten 
-obliegenden Verpflichtungen unter eine dieser beiden Kategorien 
zu subsumiren; um bei dem angeführten Beispiel zu bleiben so 
wird im Geltungsgebiete der altpreussischen Gesindeordnung der 
weibliche Dienstbote kein Recht haben den Dienst ohne Kündi- 
gung zu verlassen wenn ihm ein Schlafzimmer von der bezeichneten 
Beschaffenheit zur Verfügung gestellt wird, er könnte dies auch 
dann nicht thun wenn der Dienstherr ihm zumuthet sich mit 
vier Stunden Schlafenszeit zu begnügen. In den neueren Gesinde- 
ordnungen ist den Dienstboten theilweise das Recht verliehen 
ohne Aufkündigung den Dienst zu verlassen wenn die Dienst- 
herrschaft sich solcher Handlungen schuldig macht, welche mit
	        
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