Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierzehnter Band. (14)

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den dem Gesinde nach dem Dienstbotenverhältniss zustehenden 
Anforderungen unvereinbarlich sind vgl. z. B. Grossh. Hess. 
Gesinde-O. vom 28. April 1877 Art. 16 No. 7, Rhein. Gesinde-O. vom 
19. Aug. 1844 8 33; diese Formulirungen gestatten wohl bei 
freier Interpretation die Subsumtion der Gesammtheit aller Ver- 
nachlässigungen, welche sich der Dienstgeber in Ansehung des 
& 618 zu Schulden kommen lässt, immerhin ist auch dies nicht 
unfraglich und es hängt die Entscheidung der Frage zum guten 
Theile von der Auffassung des Richters und seiner Stellung zu 
den Aufgaben der Sozialpolitik ab; der Richter, welcher der 
Ansicht huldigt, die die ältere Gesindegesetzgebung beherrscht hat, 
wird vielleicht nicht geneigt sein die Vernachlässigung der in An- 
sehung des Schlafraumes nach $ 618 dem Dienstherrn obliegenden 
Verpflichtungen als eine Handlung zu bezeichnen, welche mit den 
Anforderungen unverträglich ist, die das Gesinde nach der Natur 
des Gesindeverhältnisses zu stellen berechtigt ist. Aber auch 
ohne Rücksicht hierauf muss der Zustand der Rechtsverschieden- 
heit, welcher auf Grund des Gesagten entstehen wird, geradezu 
als eine Parodie auf die durch die Kodifikation des Bürgerlichen 
Rechts geschaffene Rechtseinheit erscheinen. Man muss sich nur 
die praktischen Konsequenzen derselben vergegenwärtigen um 
diese Bezeichnung als keineswegs zu scharf zu erachten; ein Dienst- 
bote, welchem in Köln ein feuchter Raum als Schlafzimmer an- 
gewiesen wird, kann den Dienst sofort verlassen und Fortzahlung 
des Lohnes bis zu dem Ende der vertragsmässigen oder gesetz- 
lichen Dauer des Miethverhältnisses begehren, der Dienstbote 
dagegen, welchem dieses in Berlin geschieht, muss bis zu dem 
ersten zulässigen Kündigungstermin in der Stellung bleiben, mag 
immerhin auch seine &esundheit und damit sein einziges Kapital, 
das er besitzt, in schwerster Weise geschädigt werden. Lässt 
man auch die sozialpolitische Seite gänzlich ausser Betracht, so 
ist es doch sicherlich ein ganz unerhörter Zustand, dass das 
Reich Schutzvorschriften erlässt, welche aber in Folge veralteter
	        
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