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vidualisirte Leistungen handelt, dass überhaupt bei demselben
eine besonders enge Verbindung von Leistung und Zeit besteht.
Dieses Verhältniss ist beim Arbeitsvertrage gerade so wechselnd
wie bei allen anderen Verträgen und es wird sogar zuzugeben
sein, dass das Verhältniss zwischen Leistung und Zeit beim Arbeits-
vertrag in der Regel weniger eng sei als beim Mieth- oder
Pachtvertrag oder beim Lieferungskauf mit fixem Termin; dass
sich gerade für den Arbeitsvertrag des Gesindes die Nothwendig-
keit der öffentlichen Bestrafung des Vertragsbruchs nachweisen
lasse, kann selbst von den eifrigsten Freunden des überlieferten
Gesinderechts nicht behauptet werden. Der beste Beweis dafür,
dass ein Bedürfniss in dieser Richtung nicht vorhanden ist, liegt
in der Thatsache, dass in Frankreich, England und Amerika ein
von den Bestimmungen des allgemeinen Dienstvertragsrechts ab-
weichendes Gesinderecht nicht besteht ohne dass die Gesinde-
verhältnisse dieserhalb schlechter und minder befriedigend wären
wie in den Theilen Deutschlands, in welchen der Vertragsbruch
bestraft wird und mit Nichten lassen sich die in diesen Ländern
gemachten Erfahrungen zu Gunsten der Annahme verwerthen,
dass durch das dem französischen Recht eigene System die Zahl
der von den Personen des Gesindes begangenen Vertragsbrüche
unmittelbar gesteigert würde. Nach alledem sind es nur höchst
fadenscheinige Gründe, mit welchen man die fernere Aufrecht-
haltung der Strafbarkeit des Vertragsbruchs des Gesindes recht-
fertigt und es wäre gewiss keine besonders kühne Reform wenn
das Reich dieselbe ebenso beseitigte wie es die Strafbarkeit des
Vertragsbruchs der gewerblichen Arbeiter beseitigt hat.
Nach Art. 95 Abs. 3 des Einf.-Ges. zum Bürgerlichen Ge-
setzbuch steht der Dienstherrschaft ein Züchtigungsrecht über
das Gesinde nicht zu. Diese dem ersten Entwurf des Gesetzes
noch nicht bekannte Vorschrift hat weniger praktischen Werth
als es auf den ersten Blick der Fall zu sein scheint; diejenigen
Gesindeordnungen, welche dem Dienstherrn ausdrücklich und un-