Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierzehnter Band. (14)

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Reichsgesetzgebung von der Anwendung auf dieses Sonderrecht 
nicht ausgeschlossen sein sollen, in Folge der eigenthümlichen 
Gestaltung desselben nur in denjenigen Theilen des Reichs- 
gebietes voll und ganz zur Entfaltung kommen können, in welchen 
die Regelung der zwischen der Dienstherrschaft und dem Gesinde 
entstehenden Rechtsverhältnisse entweder lediglich nach den 
Grundsätzen des Obligationenrechts oder doch nach einem Sonder- 
gesetz beurtheilt wird das sich diesen Grundsätzen durchweg 
anschliesst; der thatsächliche Rechtszustand wird hiernach auch 
nach Inkrafttreten des neuen Gesetzbuchs nach wie vor in den 
verschiedenen Theilen des Reiches ein recht verschiedener sein 
und als polare Gegensätze werden in dieser Hinsicht einander 
gegenüberstehen einerseits die Reichslande, wo eine besondere 
(@Gesindeordnung überhaupt nicht besteht, andererseits die östlichen 
Provinzen Preussens, wo die Aufrechterhaltung feudalistischer 
Traditionen in Verbindung mit der den Eindruck der Versteine- 
rung machenden altpreussischen Gesindeordnung von 1810 es er- 
möglicht, dass die Gesindeverhältnisse vielfach noch an die Zeiten 
erinnern in welchen das Gesinde aus unfreien Personen bestand. 
Allerdings ist ja nach Ansicht der Motive des Einführungs- 
gesetzes eine Verschiedenheit des diesbezüglichen Rechtszustandes 
in Deutschland gar nicht zu vermeiden; „eine Regelung des Ge- 
sinderechts“*, sagen dieselben, „durch Reichsgesetz ist unaus- 
führbar; die maassgebenden wirthschaftlichen und sozialen Ver- 
hältnisse sind in den einzelnen Staaten Deutschlands vielfach sogar 
in den einzelnen Theilen desselben Staates so mannigfaltig, dass 
sie der einheitlichen Regelung sich entziehen. Auch in Preussen 
ist von der Erlassung einer einheitlichen Gesindeordnung für den 
ganzen Umfang der Monarchie abgesehen worden. Bei der Er- 
wägung dieser Frage hat man nicht nur das Vorhandensein eines 
praktischen Bedürfnisses für eine einheitliche Regelung des Ge- 
sindewesens verneint sondern auch anerkannt, dass eine solche 
Regelung bei der verschiedenartigen Gestaltung der Verhältnisse
	        
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