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Publikum eine doppelte Besichtigung gefallen lassen, was zur
Folge haben wird, dass sich des Publikums eine arge Verstim-
mung bemächtig. Wenn die Besichtigungen durch dieselben
Organe bewirkt werden, so haben diese doppelt zu berichten oder
ihre vorgesetzte Behörde hat den sie nicht berührenden Teil des
Berichts der Schwesterbehörde mitzuteilen, und das Publikum
gerät wegen der doppelten Verfügungen in Verwirrung; es kann
aber auch kommen, dass beide Behörden verschiedener Ansicht
sind und deshalb in Meinungsverschiedenheit geraten, was auch
den Dienst nicht fördert. Da es aber in vielen Fällen zweifel-
haft ist, wer einschreiten soll, niemand aber die Neigung besitzt,
seine Befugnisse zu überschreiten, so wird in zahlreichen Fällen
lieber niemand einschreiten, als dass sich eine Behörde den Vor-
wurf der Ueberschreitung ihrer Zuständigkeit machen lässt —
und darunter leidet das öffentliche Interesse erst recht.
Ob es nun im Interesse der Sache liegt, wenn in jeder der-
artigen Sache vor der höheren Instanz oder dem Verwaltungs-
gericht der Beweis geführt werden muss, welches Interesse über-
wiege, ob das baupolizeiliche oder das der allgemeinen Polizei —
was man vielleicht auch als Ansicht des Oberverwaltungsgerichts
ansehen könnte — das mag billig dahin gestellt sein; es wird
sehr interessante wissenschaftlich begründete Verhandlungen und
Entscheidungen ins Leben rufen, der materiellen Verwaltung,
dem gemeinen Wohl wird aber nicht damit gedient, es wird damit
— man darf es wohl ungescheut aussprechen — die Sache der
Form geopfert.
Wäre es da nicht zweckmässiger, beide Behörden, sowohl
die der allgemeinen Polizei als die der Baupolizei für zuständig
zu erklären, wenn es sich um Gebiete handelt, auf denen beide
ihre Zusändigkeit geltend machen könnten? Warum soll dies
geradezu „eine Anomalie* sein, wie das Urteil vom 14. Nov.
1894 sagt? Es kommt doch auch auf anderen Gebieten vor,
dass mehrere Behörden gleichzeitig zum Einschreiten berechtigt
sind, z. B. die Polizei oder die Amtsanwaltschaft oder ver-
schiedene Anklage- oder Gerichtsbehörden in Gemässheit der
88 7—21 der St.-P.-O. Es entscheidet in solchen Fällen der