Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierzehnter Band. (14)

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seitigkeit verfällt, die es möglich macht, dass bei den Regierungen das ver- 
waltungsrechtliche Dezernat, die Geschäfte des Bezirksausschusses, häufig 
genug als nicht völlig gleichwerthig der administrativen Thätigkeit im 
engeren Sinne angesehen wird. 
Der Verf. kennt als früherer Verwaltungsbeamter sicherlich die Mängel, 
welche aus jener Abwendung von der „grauen Theorie“ entstanden sind. 
Sein vortreffliches Buch wird in erster Linie dazu dienen, die für beide 
Theile fruchtbringende Verbindung von Wissenschaft und Praxis her- 
zustellen. 
Ist schon trotz des kommenden Bürgerlichen Gesetzbuchs die aus- 
giebige Benutzung des noch geltenden Privatrechts rühmenswerth, wie sie 
z. B. S. 73ff, zu Tage tritt, so machen die Anknüpfung an die geschicht- 
liche Entwicklung und die lückenlose Benutzung der vorhandenen Literatur 
das Buch zu einem besonders werthvollen. Dabei ist die Darstellung, die, 
um das Werk auch für Nachschlagezwecke brauchbar zu gestalten, einzelne 
Wiederholungen und zahlreiche Verweisungen nicht scheuen darf, klar und 
systematisch wohlgeordnet, so dass nachfolgende Ausstellungen den günstigen 
Gesammteindruck abzuschwächen nicht geeignet sein werden. 
Der noch immer auf der Tagesordnung stehenden Streitfrage nach 
einer Begriffsbestimmung der „Selbstverwaltung“ geht der Verf. selbst- 
redend nicht aus demWege. Dass, geschichtlich betrachtet, dieser Begriff 
in Preussen einen sehr verschiedenen Inhalt haben kann, so dass das Wort 
„Selbstverwaltung“ in der politischen Diskussion wie im wissenschaftlichen 
Streite nur mit Vorsicht zu gebrauchen ist, entbindet die Theorie nicht von 
der Verpflichtung, für die Zukunft nach einer abschliessenden Definition der 
„Selbstverwaltung“ zu suchen. 
Wenn nun der Verf. auf S.6 zu dem Schlusse gelangt: „Selbstverwal- 
tung ist die Verrichtung staatlicher Funktionen durch dem Staate unter- 
geordnete, aber innerhalb ihres Wirkungskreises selbständige Persönlich- 
keiten“, so ist dem ohne Weiteres beizustimmen, falls der Begriff der von 
den Kommunen zu verrichtenden „staatlichen Funktionen“ nicht allzuweit 
ausgelegt wird. Verf. aber überspannt diesen Begriff, wenn er — 8.8 — 
zu den vom Staate den Kommunen gestellten Aufgaben auch die Fürsorge 
für ihre eigene wirthschaftliche Erhaltung rechnet, so dass die rein privat- 
rechtliche Verfolgung wirthschaftlicher Zwecke, z. B. die Verwaltung eines 
der Gemeinde gehörigen Landguts oder eines kommunalen Forstes, unter 
die „Selbstverwaltung“ fallen würde. Richtig ist, dass der Staat sich, vor- 
nämlich im 18. Jahrh., starke Eingriffe in jenes Gebiet kommunaler Thätig- 
keit erlaubte, welches seit der Städteordnung von 1808 begrifflich als der 
autonome Wirkungskreis der Kommunen gilt, da ja „die wirthschaftliche 
Erhaltung“ eines Kommunalverbandes immer „im Interesse des Staates“ 
liegt — vgl.S.8—. Dass dieser Umstand aber kein brauchbares Kriterium 
der „Selbstverwaltung“ abgeben durfte, mag man daraus entnehmen, dass 
Archiv für öffentliches Recht. XIV. 1. 9
	        
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