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im letzten Grunde dem Staate an „der wirthschaftlichen Erhaltung“ jeder
physischen oder juristischen Einzelpersönlichkeit gelegen sein muss, ohne
dass die auf das gleiche Ziel gerichtete Thätigkeit des Einzelnen eine ihm
vom Staate gestellte Aufgabe erfüllt. Es genügt, wenn die Fürsorge für
öffentliche Zwecke, wie für Armenpflege, Strassen- und Verkehrswesen, als
Aufgabe der „Selbstverwaltung“ angesehen wird, wozu sich die Gemeinde
selbständig die Mittel, sei es durch eine sorgsame Pflege des Kämmerei-
vermögens, sei es durch Auflagen, beschaffen mag.
Charakteristisch ist übrigens, dass gerade das Institut der Zwangs-
etatisirung zwecks Erfüllung der den Kommunen „gesetzlich obliegenden
Leistungen“, welches mit dem Verf. folgerichtig doch auch privatrechtliche Ver-
pflichtungen als Ausflüsse der Privatwirthschaft der Gemeinden sicher stelleu
sollte, nicht zur Erzwingung dieser Prästationen verwandt werden darf —
S. 338 —. Dient eine Leistung, die zur wirthschaftlichen Erhaltung der
Gemeinde nöthig ist, in der That zur Erfüllung einer der Kommune seitens
des Staates gestellten Aufgabe, so wäre der Verf. gezwungen, deın Staate
hinsichtlich ihrer für die Zukunft das Recht der Zwangsetatisirung zu rekla-
miren, da der Gemeinde damit eine den übrigen durchaus gleichwerthige
Selbstverwaltungsaufgabe obliegen würde.
Hätte übrigens der Verf. nicht, ohne Rücksicht auf das geschichtlich Ge-
wordene, jede eigene Lebensäusserung der Gremeinde grundsätzlich in Ab-
rede gestellt — S. 14 —, welche, echt napoleonisch gedacht, nur eine Funktion
in dem Räderwerke des Staates zu erfüllen hat, so würde er sogar dazu gelangt
sein, Gemeindeaufgaben, die aus dem Nachbarverbande stammend älter als
der Staat sind, aus dem Bereiche der „Selbstverwaltung“ auszuscheiden.
Nicht ganz einwandsfrei ist — 8.350 — die eigenartige Entwicklung
dargestellt, nach welcher aus Einzelgemeinden der Rheinprovinz die Bürger-
meisterei mit den charakteristischen Eigenthümlichkeiten einer Sammt-
gemeinde zusammenwuchs, deren Verfassung 8. 193, 207 geschildert wird.
Nicht planmässig, sondern nur unter dem Schwergewicht der Thatsache,
dass die Vorsteher der Einzelgemeinden in der Regel der fremden Sprache
nicht mächtig waren, bildete sich der Brauch heraus, dass die französische
Behörde mit dem Vorsteher derjenigen Gemeinde in Verkehr trat, der die
Geschäftssprache zu beherrschen wusste. Die Verwaltungsberichte der ersten
preussischen Zeit, die in dem Archiv des Berliner Ministeriums des Innern
ruhen, erwähnen ausdrücklich, dass die Landbürgermeistereien diesem Spiel
des Zufalls ihre Abgrenzung verdanken. Dass diese Entwicklung für Landes-
theile, die dem Königreich Westphalen angehörten, nicht zutreffen kann,
liegt auf der Hand, da dort der Verkehr der Aufsichtsbehörden mit den
Gemeinden in deutscher Sprache erfolgte. Hier hat die bewusste Zusammen-
legung der Landgemeinden eine Rolle gespielt.
Die Darstellung der Kolonisation Schlesiens kann nur, wenn man
die knappe Aeusserung des Verfassers S. 44 mit seiner Ausführung S. 47