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Das sind natürlich lauter Verwaltungsvorschriften, ebenso wie die vereinzelten
Beispiele anderer Art, die er hinzufügt. Die unklare Abgrenzung des Be-
griffs der Verordnung und des Rechtssatzes hat ihn irre geführt.
Doch genug der Ausstellungen. Es wäre noch manches zu sagen.
Gleichwohl kann ich nur wiederholen, dass ich das Buch für eine werthvolle
Bereicherung der staatsrechtlichen Literatur ansehe.
Otto Mayer.
Dr. A. Agricola, Reichsgerichtsrath a. D., Bekenntnissgebundenheit
und Lehrfreiheit unter dem Gesichtspunkt des Rechts.
Eisenach, R. Wilkens, 1898. 49 S. gr.8. M. —.80.
Die Frage, welche Soam so mächtig angeregt, will Verf. nach ihren
beiden wichtigsten Beziehungen ohne alle politischen Nebengedanken „rein
vom rechtlichen Standpunkte“ erörtern. Es handelt sich um die bindende
Kraft der evangelischen Bekenntnissschriften für (Geistliche einerseits, für
Theologieprofessoren andererseits. In ersterer Beziehung gelangt er alsbald
zu dem Satz: „Die Predigt des Wortes nach dem Verständnisse des Be-
kenntnisses wird zur rechtlich bindenden Amtspflicht des Predigers und die
Berufung wie Ueberwachung desselben nach Massgabe des ersteren zur
Amtspflicht wie zum Amtsrecht des Kirchenregiments“ (S. 18). Dass diese
formale Strenge Schwierigkeiten macht, bemerkt Verf. selbst. Die Lösung
findet er derin, dass nicht der Buchstabe des Bekenntnisses massgebend ist,
sondern der Geist des Ganzen. Aber nicht der Geist des Bekenntnisses, wie
ihn der Einzelne darin findet, sondern wie er in der Glaubensgemeinschaft
lebendig ist. Auch die Glaubensgemeinschaft ist nicht unmittelbar mass-
gebend, sondern der Geist in deren Haupt und Vertretern, im Kirchen-
regiment. „Damit wird die Entscheidung vorwiegend in das Gewissen der
Urtheilenden gelegt“ (S. 21). Wie sehr insbesondere der preussische Ober-
kirchenreth zu solcher Entscheidung geeignet ist, wird dann des Näheren aus-
geführt.
Anders steht es mit den Theologieprofessoren. Sie haben Wissenschaft
zu lehren und die Wissenschaft ist frei. Auch haben sie kein Kirchenamt,
stehen nicht im Dienst der Kirche; diese kann ihnen also die Ausübung des
Amtes nicht untersagen (S. 41). Wohl aber kann sie ihre Dienstleistungen
„ablehnen“ — durch „Verbot und Warnung“ an die Studenten, bei ihnen
zu hören, sowie durch „Berücksichtigung bei Prüfung und Anstellung der
Kandidaten“ (S. 42). Das sind freilich nur Nothbehelfe: „Direktere und be-
friedigendere Hülfe würde nur durch Disposition der Kirche über Besetzung
der theologischen Fakultäten zu gewinnen sein.“ In gewissem Sinne scheint
dem Verf. das Verlangen der Kirche nach einer Mitwirkung dabei be-
rechtigt, — ein erst werdendes, noch nicht formulirtes Recht, nennt er das
(S. 45).