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auszüge und zahlreiche, freilich, wie er selbst zugiebt, nicht unbedingt zu-
verlässige, statistische Belege bekräftigt werden. Anter’s Schrift, kompress
und doch überaus klar geschrieben, ist um Vieles nüchterner gehalten; er
beschränkt sich darauf, auf seine Quellen nur zu verweisen, ohne sie zu
exzerpiren und giebt gleichsam einen Epilog zu den erregten gewerbepoliti-
schen Debatten der letzten Jahre. Seine Studie, mit der wir es hier nur
allein zu thun haben, bietet zwar in ihren ersten Theilen für den Kenner der
Enquöte des Vereins für Sozialpolitik und der vorigjährigen Verhandlungen
desselben in Köln wenig Neues; immerhin wird der übersichtlich disponirte
und kritisch zusammengestellte Auszug, wie er hier vorliegt, auch jenem will-
kommen sein. In jedem Falle erscheint er vortrefflich geeignet, einem
grösseren Publikum den Komplex von Verhältnissen inner- und ausserhalb
des Handwerks, der seinen Niedergang herbeigeführt hat, zu vergegen-
wärtigen. Zu diesem einer Belehrung bedürftigen Publikum, das auf diesem
Wege befriedigt werden kann, dürfte übrigens auch mancher Fachmann und
Politiker gehören; denn es setzt wirklich ein besonders lebhaftes Interesse
zur Sache voraus, wenn man sich der Mühe unterziehen will, sich durch
das massenhafte und spröde Beobachtungsmaterial der verschiedenen
Originalenqueten durchzuarbeiten. Besonders instruktiv ist das fünfte
(Haupt-) Kapitel „Die Versuche zur Lösung der Handwerkerfrage“. Hier
werden die „kleinen“ und „grossen Mittel“ eingehend gewürdigt und gleich-
zeitig die Gesetzgebung in ihren mannigfachen Phasen kritisch geprüft. So-
wohl der Kreis derjenigen Bestrebungen, deren primärer Zweck die Hebung
und Stärkung des Kleingewerbes im Rahmen der Gewerbefreiheit ist, Ver-
besserung des technischen Arbeitsprozesses (Kleinmotoren), Erweiterung der
Kreditorganisation (Genossenschaftskassen und -Banken), neue Unterneh-
mungsformen) u. s. w., als auch das Programm der grossen Mittel, Zwangs-
innung, Lehrlingsreform, Befähigungs- und Verwendungsnachweis findet eine,
überall gleich subtile und objektive Analyse. Dass die Zwangsinnung einen
völligen Misserfolg gezeitigt hat, wird jetzt auch in Oesterreich nirgends
mehr ernstlich bestritten. Das Fiasko, das man mit der Einführung des
Befähigungsnachweis gemacht hat, hängt hiermit eng zusammen. Auch die
Neuregelung des Lehrlingswesens, vielleicht der wichtigste Punkt von allen,
muss als verfeblte angesehen werden. Hier befürwortet der Verf. Ausdeh-
nung der Arbeiterschutzgesetzgebung, gründliche Verbesserung des gewerb-
lichen Fortbildungsschulwesens, Errichtung von Lehrwerkstätten u. dgl. m.
Man sieht, das Resultat, zu dem die Untersuchung gelangt und eigentlich
auch gelangen muss, ist ein vorwiegend negatives, Für AnLer ist die Hand-
werkerfrage im Wesentlichen eine Bildungsfrage. Die Zukunft der meisten
Arbeitsgewerbe, auch die der durch Konkurrenz von Industrie und Verlag
verstümmelten, hängt nach ihm von der besseren Fach- und Genossenschafts-
ausbildung der Betheiligten ab. Auch wir erblicken hierin den Kernpunkt der
Sache; freilich sind wir um Vieles skeptischer. Die sog. „Produktionsgewerbe*,