Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierzehnter Band. (14)

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Gesetzblättern veröffentlichten „Berichtigungen“. Dass der Be- 
griff der authentischen Interpretation — ein Ausdruck, von dem 
gelegentlich der Berichtigung der Gewerbeordnung Gebrauch ge- 
macht worden ist?®° — in keiner Weise die Bedeutung der Be- 
richtigung trifft, folgt schon daraus, dass es sich, wie bereits aus- 
geführt, gar nicht um Interpretation, sondern um Korrektur des 
Geesetzestextes handelt. Sodann versteht man unter authentischer 
Interpretation nur die durch eine Gesetzesvorschrift erfolgende 
Auslegung einer Rechtsregel. Die Berichtigung ist aber kein 
Gesetz, da sie weder den materiellen Voraussetzungen eines rechts- 
gültigen Reichsgesetzes (Reichs-Verf. Art. 5) genügt, noch in der 
Form eines Gesetzes publizirt ist. Hat also die Berichtigung 
keine Gesetzeskraft, so kann durch sie auch keineswegs eine 
„Gesetzesänderung“ eintreten. Durchaus grundlos ist demnach 
sowohl der anlässlich der Berichtigung der Gewerbeordnung er- 
hobene Vorwurf, die Berichtigung sei verfassungswidrig, weil ver- 
sucht worden sei, durch sie „ein neues Gesetz zu schaffen, in 
Widerspruch mit dem Beschlusse des Reichstags und ohne seine 
Genehmigung“ ?®, als auch die Befürchtung, es könne, „wenn die 
in Betracht kommenden Kreise über die Nothwendigkeit einer 
Berichtigung sich irren, ... . durch eine Notiz im Reichs-Gesetz- 
blatt das eben dort gültig publizirte (desetz ohne jeden von den Or- 
ganen .der Gesetzgebung begangenen Fehler abgeändert“ werden ?”. 
Muss man sich hiernach auf der einen Seite davor hüten, 
der Berichtigung eine ihr nicht zukommende Bedeutung bei- 
zumessen, so ist es doch andererseits ebenso wenig zu billigen, 
25 Vgl. Stenogr. Ber. des Reichstags 1898, 72. Sitzung S. 1869 C, D, 
1870 B; v. ScuuLz a. a. O. S. 446 N. 3. 
»® Vgl. Stenogr. Ber. des Reichstags 1898, 72. Sitzung S. 1864 A. 
 y. Scausz a. a. OÖ. 8. 480; Stenogr. Ber. des Reichstags 1898, 
72. Sitzung 8. 1871 A; auch die Behauptung LABanv’s, die Berichtigung des 
$ 95 M.-St.-G.-B. sei „eine Gesetzesverbesserung, die eine nicht ganz weg- 
zuleugnende Aehnlichkeit mit einer bona mente verübten Gesetzesfälschung“ 
(Staatsr. I 8 55 N. 8) habe, erledigt sich damit.
	        
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