Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierzehnter Band. (14)

— 1870 — 
nachweises zu sprechen, während es sich um den Verzicht auf 
Identität überhaupt handelt. Der wirthschaftliche Zweck dieser 
Zollbegünstigungen, welcher auf die Bonifizirung des Getreide-, 
Mehl- und Oelexports gerichtet ist, darf nicht beirren bei der 
verwaltungsrechtlichen Beurtheilung”®. Für das Zollrecht handelt 
es sich nicht um Bonifikationen, vielmehr finden die allgemeinen 
Grundsätze des Lager- und Veredelungsverkehrs Anwendung, in 
deren Formen jene Zollbegünstigungen sich vollziehen ?®. 
b) Fortdauer der Zollansprüche unerachtet des freien 
Verkehrs. 
Mit dem Begriffe des freien Verkehrs wird hiernach das 
thatsächliche Verhältniss der Freiheit von Zollkontrolen, nicht 
das Rechtsverhältniss der Freiheit von Zollpflicht bezeichnet ?”. 
Weder die dingliche Zollpflicht noch die Schuld des Zollpflich- 
tigen erledigt sich schlechthin mit dem Uebergange der Waare 
in den freien Verkehr. Die unter Hinterziehung der Abgaben 
eingeschwärzte Waare befindet sich unbeschadet der Ansprüche 
des Fiskus thatsächlich im freien Verkehr. Aber selbst dann, 
25 Die Aufstellung des gleichen Grundsatzes für die strafrechtliche 
Beurtheilung war Zweck des mehrerwähnten Aufsatzes im Gerichtssaal 
Bd. LIV Heft 3. 
** Die Frage, ob das aus Oesterreich-Ungarn zur Einfuhr gelangende, 
im sog. zollfreien Mahlverkehr hergestellte Mehl (vgl. EGLAUER a. a. O. 
S. 285f.) als dem freien Verkehr Oesterreich-Ungarn entstammend anzusehen 
und somit auf Grund des Art. 3 des Handelsvertrages (vgl. oben S. 177) zum 
vertragsmässigen Zollsatze einzulassen ist, würde unter Anwendung der obigen 
Grundsätze zu verneinen sein. Hiermit ist indess die Frage nicht entschieden, 
ob die gedachte Waare nicht als Produkt der Industrie Oesterreich-Ungarns 
auf Grund der Meistbegünstigungsklausel des Art. 2 des Vertrages Anspruch 
auf die vertragsmässige Zollerleichterung hat. — Bei Anwendung des öster- 
reichischen Zollrechts dürfte sich mit Bezug auf Art. 3 des Vertrages die 
gleiche Entscheidung ergeben; vgl. besonders die österreichischen Gesetze 
vom 25. Mai 1882 und vom 21. Mai 1887; EeLaver a. a. O. S. 500ff. 
? Vgl. auch $8$ 3, 5 Zuckerst.-G. vom 27. Mai 1896 (R.-G.-Bl. 8. 117 ff.) 
und die Entsch. des Reichsgerichts (IV. C.-S.) v. 18. Dez. 1890, E.XX VII S. 44 ff.
	        
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