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Es darf aber nicht übersehen werden, dass die Versicherungs-
anstalten nur berechtigt, nicht verpflichtet sind, gegebenen
Falles die Entziehung der Invalidenrente zu verfügen. Obgleich
sie das Interesse der Gesammtheit wahrzunehmen und die übrigen
Versicherungsanstalten, die Kasseneinrichtungen und das Reich
mit zu vertreten haben, ist ihnen insofern doch ein gewisser Spiel-
raum billigen Ermessens gelassen: es trifft sie also keine Ver-
antwortung und kein Vorwurf, wenn sie nach pflichtmässiger
Prüfung einem Rentenempfänger, dessen Verdienst sich allmählich
wieder über die gesetzliche Grenze von einem Drittel des Normalen
zu heben beginnt, einstweilen die Unterstützung noch belassen,
theils um die guten Zwecke der ganzen Einrichtung nicht durch
zu strenge Handhabung zu gefährden, theils um durch längere
Beobachtung des bisherigen Invaliden seitens der Vertrauens-
männer, Kontrolbeamten und Aerzte ein möglichst bestimmtes,
abschliessendes Urtheil zu gewinnen. Auf (rund desselben lässt
sich dann mit grösserer Sicherheit erwarten, dass auch die ferner
angerufenen Instanzen (Schiedsgericht, Reichsversicherungsamt)
der etwa für erforderlich gehaltenen Rentenentziehung ihre Zu-
stimmung nicht versagen werden.
Wie hier mit Nothwendigkeit das Erlöschen des Renten-
rechts aus der Beseitigung einer Hauptbedingung des Bezuges
abzuleiten ist, so kehrt derselbe Gedankengang bei den anderen
Entziehungsfällen wieder.
Die Gewährung einer Unfallrente von 20 v. H. des Arbeits-
verdienstes an Ascendenten eines Getödteten, der ihr einziger
Ernährer war, erfolgt grundsätzlich auf Lebenszeit ($ 6 No. 2
unter b U.-V.-G.); sie ist aber vom Anfang bis zum Ende ab-
hängig von der Bedürftigkeit der Empfänger. Wenn sich im
Laufe der Zeit ein Umstand ereignet, der fortan die Unter-
stützung seitens der Berufsgenossenschaft nicht mehr erforderlich
macht (z. B. Lotteriegewinne, Erbschaft, guter eigener Verdienst,
Heranwachsen unterhaltspflichtiger und -bereiter Verwandten