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Zur Entwicklungsgeschichte der deutschen
Staatslehre.
Von
Dr. jur. et phil. Emın Lixo6e in Prag.
Als PuFENDORF, der Vater der deutschen Staatswissenschaft!
sein berühmtes Buch „de statu imperii Germanici“ schrieb, da hüllte
er sich in den Mantel der Anonymität. Denn seine epochemachende
Schrift handelte nicht blos von der Geschichte des Deutschen
Reiches von ihren Uranfängen an, und nicht blos von Haupt, Glie-
dern und Staatsform des Deutschen Reiches, sondern auch von
„Deutschlands Macht und Deutschlands Schwäche“ und von
„Deutschlands Krankheiten“, und er war auch so kühn, fremde
und eigene Vorschläge für die Heilung der Krankheiten Deutsch-
lands zu erörtern.
So gab nicht theoretisches Interesse, sondern die Noth und
das patriotische Bestreben, denen den richtigen Weg zu zeigen,
denen „der Zufall eher unverdiente Macht, als das Geschick, sie
zu gebrauchen, verliehen“, den Anstoss, sich mit dem Staate über-
haupt zu beschäftigen und die sicht- und greifbaren Schäden,
welche das irrationelle „monstrum“ Deutschland dem gemeinen
Menschenverstand aufwies, drängten dazu, aus eben dieser Er-
* Autausıus geht ihm in der Zeit und im Range voran, aber er hat
nicht „Schule“ gemacht und wurde erst durch Gierke's Verdienst der
Vergessenheit entrissen. (BLuntscHLi, Geschichte der Staatswissenschaft S. 77.)