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und WELCKER reicht die Kette der Denker über den Staat, die
ihre Vorstellungen über den Staat und dessen Einrichtungen aus
dem Natur- und Vernunft-Recht schöpften, und wenn die Späteren
dieser Reihe immer mehr an konkrete Verhältnisse anknüpften,
je mehr eben die Unzulänglichkeiten der vorausgehenden Ent-
wicklung zum Bewusstsein kamen, so wurzelten alle diese Systeme
doch schliesslich im Apriorismus, bis dessen Gedankeninhalt voll-
ständig ausgeschöpft war, und die dadurch hervorgerufene Ver-
flachung des Stromes der Wissenschaft eine Ablenkung in eine
ganz neue Richtung hervorrief.
Das war die Frucht der Einwirkung der historischen
Rechtsschule, welche von dem Gebiete des Privatrechtes auch
auf die anderen Rechtsgebiete übergreifend den Historismus in der
Staatswissenschaft erzeugte.
Während die früheren Männer der Staatswissenschaft den
Bahnen PuFENDOoRF’s folgend von dem geschichtlich Gegebenen erst
ganz abstrahirten und später doch nur daran anknüpften, um ihre
apriorisch gewonnenenV orstellungen vom Staate daran auszuspinnen,
haben die Männer der historischen Staatswissenschaft ibre Auf-
merksamkeit lediglich der geschichtlichen Entwicklung des Staates
und der historischen Ableitung des Gegenwärtigen aus seinen An-
fängen und Uranfängen zugewendet. Hieher müssen wir nicht blos
die NIEBUHR und WAıTz rechnen, sondern auch — und zwar bei
aller schuldigen Hochachtung ihrer hervorragenden Verdienste für
die Staatsrechtswissenschaft,wenn auch nur zum Theilein der Staats-
rechtswissenschaft — ihre Nachfolger von heute, die GIERKE u. A.
Braucht es heute keiner Widerlegung des Vernunftrechtes
mehr, sondern nur der Hervorhebung seines Inhaltes, um seine
Unzulänglichkeit zu erkennen, so ist die Unzulänglichkeit der
historischen Behandlung des Staatsrechtes, so klar sie auch ist,
doch noch nicht in gleichem Maasse communis opinio, und es
sei demnach hier citirt, wie der führende Mann der heutigen
Staatsrechtswissenschaft, LABAND, dieselbe charakterisirt.
Archiv für öffentliches Recht. XIV. 2. 16