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Die Petersburger Kundgebungen und die
Völkerrechtswissenschaft.
Von
Dr. EudEn SCcHLIEF in Strassburg i. E.
Soweit die bekannten Petersburger Kundgebungen darauf
hinauslaufen, eine völlige oder theilweise Abrüstung oder einen
Rüstungsstillstand gleichsam aus freier Hand herbeizuführen, sind
sie für die wissenschaftliche Theorie völlig belanglos, denn eine
dementsprechende internationale Vereinbarung würde sich nur
quantitativ, nicht qualitativ von jedem sonstigen Staatsvertrage
unterscheiden, ganz abgesehen von dem freilich wesentlichsten
Umstande, dass ein derartiges Projekt völlig undurchführbar wäre,
wie jüngsthin in wohlthuendem Gegensatze zu den dilettanten-
haften Argumenten gewisser sich gegenwärtig besonders breit-
machender menschenfreundlicher Weltverbesserer in trefflichster,
sachverständiger Weise von STOERK! überzeugend nachgewiesen
wurde.
Allein diesen Kundgebungen muss billiger Weise in Wahr-
heit auch noch ein anderer Sinn beigelegt werden, welcher dem
Ganzen denn doch eine gewaltige Bedeutung für die Völker-
rechtswissenschaft verleiht. In dem Manifeste des Zaren vom
24. August 1898 wird gefordert: la recherche dans la voie d’une
1 „Russlands Abrüstungsvorschlag und das Völkerrecht“ in der ersten
Dezembernummer der „Deutschen Juristenzeitung“.