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reichen, doch immerhin untergeordneten Kompetenz herabgedrückt
sähen. Jedenfalls ist Kosmopolitismus der direkte begriffliche
Gegensatz zum „Internationalismus“, dessen wesentlichste Auf-
gabe, schon dem Namen nach, darin besteht, die Nationalität,
d. h. die Souveränetät des Einzelnen aufrechtzuerhalten.
Den gerade entgegengesetzten Weg schlägt hier, wie überall,
die sog. historische Schule ein, welche noch gegenwärtig die
zünftige Wissenschaft allgemein beherrscht. Für sie gibt es gar
keinen bestimmten, ideellen Massstab, nach dem sich die Termi-
nologie zu richten hat; sie fixirt vielmehr, sofern sich zwischen
mehreren Individualitäten, d. h. hier den einzelnen Kulturstaaten,
eine Assoziationstendenz bemerkbar macht und sich nach gewissen
Prinzipien bethätigt, schlechthin die letzteren und belegt den In-
begriff derselben dann mit dem Namen des „geltenden Rechtes“;
sie porträtirt also entschieden den geltenden Zustand viel lebens-
wahrer, als die vernunftrechtliche Schule, bei der nur allzu leicht
der Wunsch der Vater des Gedankens wird; aber sie verfällt
dafür naturgemäss in eine oft sehr verhängnissvolle Kritiklosigkeit,
indem sie schlechterdings an der Frage vorübergeht, ob dieser
geltende Zustand füglich als Aeusserung des Rechtsbegriffes an-
zusprechen ist.
Ehe auf diese Frage eingegangen wird, muss natürlich der
geltende Zustand kurz skizzirt werden, der sich im Wesentlichen
dahin zusammenfassen lässt, dass namentlich bei den heutigen
Kulturverhältnissen, der „isolirte Staat“ undenkbar, also für jeden
einzelnen die Vergesellschaftung mit anderen seines gleichen un-
bedingt erforderlich ist und demgemäss auch in der Idee eine
bestimmte soziale Ordnung als existent gedacht, aber Vorsorge
getroffen wird weder dafür, diese Ordnung im Falle des Wider-
standes von Seiten des Einzelnen dagegen zwangsweise zur Geltung
zu bringen, noch auch nur dafür, die Bedeutung dieser Ordnung
für den einzelnen Fall bei Meinungsverschiedenheiten der Inter-
essenten darüber in authentischer Weise zu deklariren. Die