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auf der anderen Seite ist aber nach allem Gesagten auch
das sicher, dass man von einem „geltenden Völkerrecht“ nur
dann sprechen darf, wenn man gleichzeitig dem „Anarchismus“
den Charakter eines „Rechtssystems“ zuerkennt, was doch gerade
mit grösster Emphase von denen bestritten wird, die jede Be-
mängelung der geltenden Staatengesellschaftsordnung als einen
Akt lächerlicher Ueberspanntheit von der Hand weisen. Ganz
abgesehen von dem Allen aber wird man, um zu einer präzisen
Terminologie zu gelangen, welche die wesentlichste Voraussetzung
klarer wissenschaftlicher Begriffe ist — sich nun eben des oben
Gesagten zu erinnern haben: da es eine feststehende Art des
„Rechtsbegriffes“, nämlich das bürgerliche oder staatliche Recht
gibt, so wird man zwar ein „Rechtssystem“ auch anerkennen
können, wenn demselben nicht alle wesentlichen Kriterien des
bürgerlichen Rechtes innewohnen; man wird vielmehr — um gleich
auf das Staatengesellschaftsrecht zu kommen — geradezu den
Grundsatz aufzustellen haben, dass das Staatengesellschaftsrecht
dem Rechte der bürgerlichen Gesellschaft garnicht schlechterdings
adäquat sein darf, weil sich jenes von diesem immer so wird
unterscheiden müssen, wie sich der souveräne Staat, als sozialer
Faktor, von dem Individuum, als Rechtssubjekt gedacht, unter-
scheidet; man wird aber demgegenüber auch daran festzuhalten
haben: dass von einem „Staatengesellschaftsrechte“ oder einem
„ Völkerrechte* in Wahrheit nur dann gesprochen werden darf,
wenn und wo alle diejenigen Kriterien des staatlichen Rechtes,
welche, eventuell in entsprechender Modifikation, auf die Ver-
gesellschaftung der souveränen Staaten untereinander anwendbar
werden, auch wirklich darauf Anwendung finden. Wenn man sich
dieser zwingenden Forderung des einfachsten logischen Denkens
nicht fügt, dann wird man nun und nimmermehr aus der heillosen
Verwirrung der Begriffe herauskommen, welche noch jetzt herrscht
und wie einerseits die stellenweise völlig komische staatsmännische
Hilflosigkeit der Petersburger Kundgebungen so auch die bis-: