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Erstreckt sich der Pflichtexemplarzwang in Preussen
auch auf Musikalien?
Von
Dr. WırH. ALTmanN, Bibliothekar und Privatdozent
in Greifswald.
Zu meiner Verwunderung sehe ich, dass obige Frage noch
nirgends aufgeworfen ist. Der Pflichtexemplarzwang! geht in
! Vgl. hierzu Arpetivs in: Deutsche Juristenzeitung 1898, No. 20.
Eine baldige Neuregelung des Pflichtexemplarzwangs in Preussen dürfte un-
bedingt nothwendig sein; ich bekenne ganz offen, dass ich zu denen gehöre,
welchen es auch trotz den neuesten Ausführungen FRANkKE’s im „Centralbl.
f. Bibliothekswesen, Jhrg. 1898, S.482ff.“ zweifelhaft erscheint, ob nicht die
Nachtheile, welche aus dem Pflichtexemplarzwange den mit der Aufnahme
der Pflichtexemplare meist betrauten Universitätsbibliotheken erweisen, den
unzweifelhaften Vortheilen desselben mehr als die Waage halten. Wenigstens
auf einige dieser Nachtheile darf hier wohl hingewiesen werden. Bei der
jährlich wachsenden Bücherproduktion werden die Bibliotheken, an welche
die Pflichtexemplare abzuliefern sind, mit einem riesigen, häufig ganz werth-
losen Ballast beladen; sie schwillen dermaassen an, dass Raummangel in ver-
hältnissmässig früher Zeit eintreten muss, dem nur durch kostspielige Neu-
bauten abgeholfen werden kann. Welche Summe von Arbeitskraft wird durch
das Einziehen, Inventarisiren, Katalogisiren etc. der Pflichtexemplare ver-
braucht. Wie viel Geld, das weit besser angewendet werden könnte, kostet
des Einbinden von Büchern, die nie gebraucht werden! Will man den
Pflichtexemplarzwang, dieses Ueberbleibsel aus der Censurzeit, beibehalten,
so müssen meines Erachtens die Universitätsbibliotheken davon be-
freit, für die Aufnahme der Pflichtexemplare Provinzial- und Landes-
bibliotheken geschaffen werden, damit die Universitäisbibliotheken ihrem
eigentlichen Zweck, den Bedürfnissen der Studirenden und Gelehrten in er-