Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierzehnter Band. (14)

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den Fall, dass man auch dieses nicht zugeben will, so muss man 
einräumen, dass Iueder und Gesänge, überhaupt die ganze Vokal- 
musik (Öpernpartituren, Klavierauszüge u. s. w.), welche „in Be- 
gleitung eines gedruckten Textes“ erscheint, dem Pflichtexemplar- 
zwange unterworfen ist, da dieser, wie hier nochmals betont 
werden muss, dem Üensurzwange seine Entstehung verdankt; ge- 
rade bei Liedern, Opern u.s.w. hat ja die Censur häufig Grund 
zum Einschreiten gehabt. 
Dass man bisher in Preussen auf die Eintreibung der Musi- 
kalien als Pflichtexemplare — in Frankreich müssen sogar drei 
Exemplare abgeliefert werden — verzichtet hat, ist wohl nur dem 
Umstande zuzuschreiben, dass man denselben keinen bildenden 
Werth beilegt, dass die Musik im Verhältniss zu den anderen 
Künsten in den Augen der meisten Bibliothekare? nichts gilt, ob- 
gleich sie in der kulturellen Entwicklung der Völker eine sehr 
grosse Rolle spielt. 
Finden meine Ausführungen, welche den Musikalienverlegern 
natürlich sehr unerwünscht sein werden, Zustimmung, dann wird 
nicht blos die Musikabtheilung der kgl. Bibliothek in Berlin 
reichen Zuwachs erhalten, auch die Universitätsbibliotheken ® 
® Wohl auch in den Augen der Regierungen. Es giebt noch immer 
keine Anstalt, in der die musikalischen Werke der grossen deutschen Meister, 
geschweige denn der übrigen deutschen Komponisten gesammelt werden. 
Die Musikabtheilung der kgl. Bibliothek in Berlin hat nur einen Fonds von 
3000 Mk., wovon auch musikalische Bücher und Zeitschriften angeschafft werden 
müssen; noch geringer ist der Fonds für Musikalien der Münchener Hof- und 
Staatsbibliothek. Die seit einigen Jahren bestehende Musikbibliothek Peters in 
Leipzig ist für eine Privatanstalt verhältnissmässig recht gut ausgestattet. — 
Der Erhaltung der Musikalien sollte endlich doch auch staatliche Fürsorge zu 
Theil werden; so sind schon jetzt die ersten Drucke der Beethoven’schen 
Klaviersonaten sehr selten, manche Drucke Haydn’scher und Spohr’scher 
Kompositionen gar nicht mehr aufzutreiben. — 
* Wären an jeder Universität Professoren für Musikgeschichte, so 
müssten auch die Universitätsbibliotheken, welche jetzt fast ganz ohne Musi- 
kalien und musikgeschichtliche Werke sind, diesen Zweig der Literatur pflegen, 
wodurch die musikalischen Studirenden namentlich in kleineren Universitäts- 
städten, wo Musikalienleihinstitute überhaupt nicht vorhanden sind, in die 
Lage kämen, ihre musikalischen Neigungen nicht vernachlässigen zu müssen.
	        
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