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und dem Studium des internationalen Privatrechts in Deutschland
einen bedeutenden Aufschwung geben werden, wie schon jetzt aus
der beträchtlich wachsenden Litteratur erhellt. Innerhalb der ein-
schlägigen neuen wissenschaftlichen Arbeiten nehmen meines Er-
achtens die Werke von ZITELMANN und NEUMANN! die hervor-
ragendste Stelle unter denjenigen ein, welche seit der Publikation
des Entwurfes eines Bürgerlichen Gesetzbuches erschienen sind.
Die Bewerthung dieser beiden Arbeiten kann mich aber nicht
abhalten, meine kritischen Bedenken den Grundprinzipien entgegen-
zustellen, welche mir als Basis jener beiden Werke erscheinen, und
ich nehme daher den mir gebotenen Anlass, um meinen abweichen-
den Anschauungen deutlicheren Ausdruck zu geben, als dies im
herkömmlichen Rahmen einer litterarischen Besprechung der
beiden Bücher möglich wäre.
Die Grundfrage, von welcher ich dabei ausgehe, dreht sich
im Wesentlichen um die Kontroverse, ob das internationale Privat-
recht lediglich als die Lehre der Zuständigkeitsnormen für Gesetze
verschiedener Staaten zu betrachten ist, oder ob man es eben als
Privatrecht, von einem eigenthümlichen Standpunkt beobachtet,
auffassen muss. NEUMANN und ZITELMANN gehen von der ersteren
Ansicht aus, ja sie betrachten diese als beinahe selbstverständlich.
Auch von Bar? hat in jüngster Zeit wieder ganz entschieden
dieselbe Meinung ausgesprochen. Mir scheint indessen noch immer
die zweite Ansicht die einzig richtige zu sein.
Eine andere, mit der Hauptfrage eng zusammenhängende
Frage betrifft die Methode, welche bei dem Aufsuchen der Prin-
zipien des internationalen Privatrechts zu befolgen ist. In dieser
Hinsicht gehen NEUMANN und ZITELMANN ziemlich weit auseinander.
ı Huco Neumann, Internationales Privatrecht in Form eines Gesetz-
entwurfs nebst Motiven und Materialien. Berlin, F. Vahlen 1896; Ernst ZITEL-
MANN, Internationales Privatrecht. Erster Band. Leipzig, Duncker & Hum-
blot, 1897.
2 Teitschrift für internat. Privat- und Strafrecht VIII 177.