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NEUMANN hebt die Normirung des internationalen Privat-
rechts durch den nationalen Gesetzgeber hervor. Die Grund-
sätze, welche das anzuwendende Recht bestimmen, bilden, seiner
Meinung nach, einen ‘Theil des inländischen Privatrechts; der
Gesetzgeber bringt sein Bewusstsein unantastbarer Souveränität
darin zum Ausdruck. NEUMANN will aber keineswegs eine un-
gebundene und willkürliche Setzung von Recht, sondern eine der
„Natur der Sache“ und der Gerechtigkeit entsprechende Beurthei-
lung des einzelnen Falles, und er erkennt übrigens, dass eine
gründliche Abhilfe aller Schwierigkeiten die Annahme gleich-
artiger Kollisionsnormen Seitens aller Staaten erheischt?. ZITEL-
MANN, dessen theoretische Erörterungen übrigens zu den NEUMANN-
schen stehen wie ein reifgeniales Gemälde zu einer talentvollen
Skizze, versteht auch unter internationalem Privatrecht die Summe
der Rechtssätze, die bestimmen, welches der verschiedenen örtlich
nebeneinander bestehenden objektiven Privatrechtssysteme im
einzelnen Privatrechtsfall praktisch anzuwenden sei. Diese Auf-
fassung ist das Rückgrat seines gediegenen Werkes. ZITELMANN
beruft sich ebenfalls, bei Unvollständigkeit gesetzlicher und ge-
wohnheitsrechtlicher Bestimmungen, auf die Natur der Sache.
Er versucht indessen, mit der äussersten Kraftanstrengung, diesen
so wenig fassbaren Begriff zu etwas Wirklichem zu bringen, und
glaubt dies thun zu können, indem er die Prinzipien des inter-
nationalen Privatrechts aus dem Völkerrecht ableitet, oder, wenn
es „innerstaatliches“ internationales Privatrecht gilt, aus dem
öffentlichen Recht. Also ist das internationale Privatrecht, nach
seiner Meinung, entweder ein Theil des Völkerrechts oder des
öffentlichen Rechts, nur nicht echtes Privatrecht. Um im Stande
zu sein, reine überstaatliche Zuständigkeitsnormen für nationale
Gesetze zu bilden, stellt er sich jedes subjektive Privatrecht vor
als vom Staate durch seine Rechtsordnung verliehen, in der Weise,
8 A.a.0. S. 19, 21, 22, 26.
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