Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierzehnter Band. (14)

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nur insoweit, als diese Verweisung dazu dienen kann, ein 
Lebensverhältniss der dafür geeigneten Rechtsnorm zu unter- 
werfen; über die Frage, ob eine Verweisung gerechtfertigt ist, 
bestimmt der Rechtsanspruch des allgemein-menschlichen Verkehrs. 
Dieser Rechtsanspruch kann eine Zuständigkeitsnorm fordern 
oder zulassen, aber auch das (Gegentheil ist möglich, und in 
diesem Fall muss keine Zuständigkeitsnorm, sondern eine selb- 
ständige Rechtsvorschrift aufgestellt werden, welche ein Verhält- 
niss ohne Verweisung normirt. 
Bei NEUMANN ist die zu enge Auffassung des Wesens unserer 
Wissenschaft hinter einem gewissen Nebel verborgen. Die „Natur 
der Sache“ liefert den Leitfaden seiner Methode, und hinter 
diesem Nebel können wirkliche Rechtsansprüche des Verkehrs be- 
rücksichtigt und wichtige praktische Ergebnisse erzielt werden. Die 
Frage bleibt nur, warum diese Natur der Sache sich nur um Ge- 
setze und nicht um Verhältnisse zwischen Menschen kümmern will. 
ZITELMANN kann keinen Nebel dulden. Bei ihm steht der 
zu engen Auffassung des Wesens des internationalen Privatrechts 
eine zu grosse Ausdehnung des Lehrsatzes gegenüber, dass jedes 
subjektive Privatrecht vom Staate durch seine Rechtsordnung 
verliehen ist. Unrichtig ist der Lehrsatz gewiss nicht, wenn 
man dieses Verleihen als eine pflichtmässige Anerkennung eines auf 
Lebens- und Verkehrsverhältnissen ruhenden Rechtsanspruches auf- 
fasst; zu ausgedehnt aber ist die Tragweite dieses Lehrsatzes, 
wenn man das Verleihen ableitet aus der thatsächlichen Macht 
des Staates, zu thun, was er will. Der gelehrte Verf. hat jedoch 
diese Ausdehnung nöthig, um durch seinen Lehrsatz zum Völker- 
recht aufsteigen® zu können, wo er mit Hilfe der postulirten 
völkerrechtlichen Anerkennung Herrschaftsbeschränkungen ein- 
führt, um nachher von der Majestät des Staates zu den niedrigeren 
Sphären des Privatrechts zurückzukehren. Die zu enge Auf- 
’A. 2.0.8. 104.
	        
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