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Iinien, welche sich nach demselben Ziel richten, aber doch nie
einander berühren; Verträge bilden eine einzige Linie von zu-
sammenfallenden, einheitlich wirksamen Kräften. Gleichlautende
Gesetze können in allen Staaten dieselbe Rechtsvorschrift zum
Ausdruck bringen; ein Zusammenwirken der verschiedenen Staats-
behörden unter einer centralen Verwaltung kann jedoch nur durch
Verträge erreicht werden. Das gleichlautende Gesetz reiht sich
in jedem Staat ohne öffentlich-rechtliche Schwierigkeit den andern
nicht gleichlautenden Gesetzen des Staates an und lässt für die
Zukunft dem Gesetzgeber freie Hand. Der Vertrag über privat-
rechtliche Verhältnisse bildet neben den privatrechtlichen Landes-
gesetzen eine verschiedenartige, kaum koordinirbare, überstaatliche
Rechtsquelle; der Vertrag bindet, so lange er in Kraft bleibt,
den Gesetzgeber selbst. Eine allgemeine Wahl zwischen den
beiden Surrogaten '? ist desshalb nicht möglich. Bei jedem Rechts-
verhältniss muss neben dem besten Inhalt die geeignetste Form
ermittelt werden. Das ist gerade der Zweck des allgemeinen
Ziweiges der Methode unserer Wissenschaft, welcher sich auf den
Standpunkt der Staatengesammtheit stellt.
IV.
Ich komme jetzt dazu, aus den vorhergehenden Erörterungen
die Folgerungen zu ziehen, und will hierbei berücksichtigen:
a) die leichter verständliche Fassung des Problems des
internationalen Privatrechts;
b) die Lösung, durch Wissenschaft und Gerichtspraxis, der
vielen wichtigen Fragen, über welche die nationalen Ge-
setze schweigen;
c) die Vorbereitung einer ergänzenden Normirung des inter-
nationalen Privatrechts durch übereinstimmende Beschlüsse
der Kulturstaaten.
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