Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierzehnter Band. (14)

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dieser Zustand nach SEYDEL’s Meinung dauern? Doch offenbar 
so lange, bis es einem Mitglied gelingt, sich auf irgend welche 
Weise in Besitz zu setzen. Das scheinen mir ganz unerträgliche 
Konsequenzen zu sein. Auch das Reichsinteresse erfordert, dass 
ein Bundesstaat nicht unvertreten bleibe. 
LABAND spricht freilich auch davon: 
„Falls in einem Bundesstaate etwa mehrere Prätendenten 
um den Thron streiten oder wenn ein Usurpator desselben 
sich bemächtigt hat, so kann der Bundesrath die sich melden- 
den Vertreter dieses Staates entweder sämmtlich zurückweisen 
wegen nicht gehörig erfolgter Legitimation oder einen von 
ihnen zulassen und dadurch implicite den Vollmachtgeber des- 
selben als den zur Vertretung des Staates befugten Landes- 
herrn anerkennen“ ®*, 
allein nach dem ganzen Zusammenhange kann gar kein Zweifel 
sein, dass LABANnD sich diese Handlungsweise vorstellt als ein 
Urtheil darüber, wer im T'hronfolgestreite Recht hat, d. h. der 
Bundesrath wird den Bevollmächtigten des nach seiner Ansicht 
berechtigten Vertreters des Staates zulassen, oder, wenn der be- 
rechtigte Vertreter des Staates keinen Bevollmächtigten gesandt 
hat, die anderen für den betreffenden Staat erschienenen Be- 
vollmächtigten sämmtlich zurückweisen, der Bundesrath wird 
auch vielleicht nach LABANnD in die Lage kommen, sämmtliche 
erschienenen Bevollmächtigten vorläufig zurückzuweisen, bis vom 
Bundesrathe geprüft und entschieden ist, wer der berechtigte 
Vertreter des Staates ist. LABANnD hat aber unzweifelhaft nicht 
daran gedacht, dass blos deswegen, weil mehrere Thronpräten- 
denten für einen Staat Bevollmächtigte zum Bundesrathe ent- 
senden, der Bundesrath sie sämmtlich zurückweisen soll, bis einer 
der Prätendenten sich in Besitz gesetzt hat, oder vom Landtage 
des betreffenden Staates anerkannt ist, wie es die Meinung von 
  
4 A. a. 0. S. 216.
	        
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