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erfolgt niemals nach dem Gesichtspunkt, welchem Zwecke das
streitige Recht dient, sondern stets nach den positiven Bestim-
mungen des geltenden Staats- und Verwaltungsrechts. Es ist ferner
unlogisch und unjuristisch, auf den Satz „der Staat hat nationale
Zwecke, die Gemeinde hat lokale Zwecke“ den juristischen
Unterschied zwischen Staat und Kommunalverband zu gründen,
Der citirte Satz ist gar kein Satz des positiven Rechts, sondern
ein rechtsphilosophisches Prinzip. Aus demselben können Fol-
gerungen für das positive Staats- und Verwaltungsrecht nicht her-
geleitet werden. Nicht minder unjuristisch ist die Meinung von
Rosın, dass „das ausgesprochene Volksbewusstsein“®8
darüber entscheiden solle, ob ein politisches Gemeinwesen Staat
oder Kommunalverband sei. Wer ist das Volk, das den Richter
in dieser wissenschaftlichen Streitfrage spielen soll? Etwa die
Ritter des allgemeinen, gleichen und geheimen Wahlrechts? In
welcher Weise soll ferner dieses ausgesprochene Volksbewusstsein
ermittelt werden? Etwa durch ein Plebiszit?, durch Beschlüsse
von Volksversammlungen?, durch Leitartikel der Tagespresse?
Wer endlich ist berufen, das ausgesprochene Volksbewusstsein
festzustellen? Die Theoretiker oder die Praktiker, die Professoren
oder die Richter?
Auf eine so schwankende, unsichere und unzuverlässige Grund-
lage wie das allgemeine Volksbewusstsein es ist, kann der funda-
mentale Unterschied zwischen Staat und Kommunalverband nicht
gegründet werden.
X,
BriıE vertritt die Meinung, dass der Unterschied zwischen
Staat und Kommunalverband in der Verschiedenheit des Zweckes
und der Zuständigkeit zu finden sei: Der Zweck des Kommunal-
verbandes werde wesentlich bestimmt durch die territoriale Be-
ziehung desselben; die Ortsgemeinde bezwecke Förderung aller
68 Rosım a. a. OD. 8. 302.