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derjenigen Gemeininteressen, welche auf dem lokalen Zusammen-
wohnen und auf der nachbarlichen Lage der Grundstücke be-
ruhen, ähnlich der Kreis, der Provinzialverband u. s. w. För-
derung derjenigen Gemeininteressen, welche auf dem Zusammen-
wohnen in dem Gebiete dieses grösseren Verbandes beruhen‘®;
der Staat dagegen sei ein Gemeinwesen zur subsidiären Förde-
rung aller vernünftigen Interessen seiner gegenwärtigen
und zukünftigen Glieder’®. Bei dem Staat soll der All-
seitigkeit des Zweckes die Allseitigkeit der Zuständigkeit ent-
sprechen ’!; die Zuständigkeit des Kommunalverbandes dagegen
soll auf einen bestimmten Theil des menschlichen Lebens be-
schränkt sein’. Im Bundesstaat soll die Erfüllung der staatlichen
Aufgaben zunächst den Gliedstaaten anheimfallen; der Gesammt-
staat soll den Zweck haben, die Gliedstaaten allseitig zu
ergänzen’®. Sowohl der Centralgewalt als den Partikular-
gewalten soll eine, wenigstens prinzipiell alle Seiten des mensch-
lichen Gemeinlebens umfassende Kompetenz kraft eigenen Rechts
zukommen ”®.
Man wird gegen diese Theorie genau denselben Vorwurf er-
heben können, welchen BrıE selbst gegen Rosın erhebt, dass
nämlich „die Aufgabe des Staates in durchaus vager und für das
allgemeine Staatsrecht nicht verwendbarer Weise“ bezeichnet ist”®.
Zunächst ist es offenbar unrichtig, dass der Staat die Auf-
gabe hat, alle vernünftigen Interessen seiner Mitglieder zu för-
dern. Der Staat hat zweifellos nicht die Aufgabe, dafür zu
sorgen, dass seine Mitglieder gewaschen, gebadet, gekämmt, ge-
kleidet, gesättigt sind, dass sie frühzeitig aufstehen und recht-
69 Dr. Sırarrıen BriE, Theorie der Staatenverbindungen (Festgabe zum
500 jährigen Jubiläum der Universität Heidelberg). 8. 12. Breslau 1886.
70 Brıe S. 3. ' "7 Brise S. 4.
72 BriE 8. 6. "8 Brıe S. 100.
”*« Brıe 8. 101.
"6 Brıie S. 12 Anm. 1.