Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierzehnter Band. (14)

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und das Reich sind weder durch Gesetz noch durch Vertrag, 
weder durch ÜOession noch durch Delegation geschaffen worden. 
Sie sind entstanden durch historische Vorgänge, durch die Auf- 
richtung neuer Gewalten, welche die Kraft und die Fähigkeit 
besessen haben, auf ihrem Gebiet die Herrschaft zu erringen und 
zu behaupten. Die Staaten und das Reich können weder durch 
Gesetz, noch durch Vertrag beseitigt werden; sie können über- 
haupt nicht durch juristische Willenserklärungen aus der Welt 
geschafft werden; sondern lediglich durch historische Vorgänge, 
durch den thatsächlichen Untergang der bestehenden Reichs- und 
Einzelstaatsgewalten. 
Der Gesammtstaat und die Gliedstaaten besitzen in gleicher 
Weise das Recht auf internationalen Verkehr und zwar jeder 
Staat innerhalb seiner Rechtssphäre. Das Recht des Reiches 
auf völkerrechtlichen Verkehr ergibt sich aus Art. 11 der Reichs- 
verfassung; das Recht der Gliedstaaten auf völkerrechtlichen 
Verkehr ist anerkannt in Ziff. VII und VIII des Versailler 
Schlussprotokolls vom 23. Nov. 1870, Art. 50 Abs. 6, Art. 52 
Abs. 3, Art. 66 der Reichsverfassung. 
Das Reichsgebiet kann nicht durch Landesgesetz der Einzel- 
staaten geändert werden, denn das Reichsgebiet ist durch Art. 1 
der Reichsverfassung gesetzlich begrenzt. Das Gebiet der Einzel- 
staaten kann nicht durch Reichsgesetz geändert werden, denn 
das Recht auf Schutz des eigenen Staatsgebiets ist ein Mitglied- 
schaftsrecht jedes Bundesstaates, welches ohne seine Zustimmung 
nicht verletzt werden darf. Der Umstand, dass im Kriegsfall 
das Reich auch ohne Zustimmung eines Bundesstaates Gebiets- 
theile desselben abtreten kann, steht diesem Grundsatz nicht 
entgegen, da im Kriegsfall jeder souveräne und nicht souveräne 
Staat ganz oder theilweise untergehen kann. 
Die Reichsverfassung kann nicht durch Landesgesetz ge- 
ändert werden; jedes derartige Gesetz wäre nach Art. 2 der 
Reichsverfassung ungültig. Die Landesverfassung kann nicht
	        
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