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Die Festsetzung der Höhe der Haftsummen hängt von der
Kasse ab, das Gesetz zieht keine Schranken, und es sind Fälle
zu verzeichnen, in denen die Kasse die Haftsumme der Mit-
glieder so hoch bemessen hat, dass die Haftpflicht der Mitglieder,
käme es zum Konkurse, höher sein würde, als sie je in einem
der Konkurse der Genossenschaften mit unbeschränkter Haft-
pflicht gewesen ist.
SCHULTZE-DELITZSCH’s Gegnerschaft gegen die Zulassung
der beschränkten Haftpflicht beruhte hauptsächlich auf der Er-
wägung, dass damit Genossenschaften geschaffen werden könnten
ohne reelle Haftbasis, er stimmte der Zulassung der beschränkten
Haftpflicht erst zu, als eine Konstruktion gelungen war, bei der
nicht die Aufhebung der Solidarhaft der Mitglieder in Betracht
kommt, sondern die Begrenzung derselben auf eine be-
stimmte Summe!. Diese Begrenzung ist nun aber nicht blos
für das Mitglied, sondern auch für die Genossenschaft von Be-
deutung.
Die Begrenzung besagt nur, dass jedes Mitglied höchstens
bis zu der Grenze aus seiner persönlichen Haftpflicht für die
Verbindlichkeiten der Genossenschaft in Anspruch genommen
werden kann, die Begrenzung aber bedeutet nicht, dass nun auch
die Genossenschaft im Stande ist zur Befriedigung der Gläubiger
einen Betrag aufzubringen, der der Gesammthaftsumme der Mit-
glieder entspricht, denn nicht jedes Mitglied ist auch unter allen
Umständen bis zur Grenze der Haftsumme solvent, und da kein
Mitglied über die übernommene Haftsumme hinaus haftet, ist in
den meisten Fällen anzunehmen, dass die Gesammthaftsumme der
Mitglieder in Wirklichkeit nicht erreicht wird. Die Wahrschein-
lichkeit hierfür ist um so grösser, je höher die Haftsumme des
einzelnen Mitgliedes genommen ist. Daraus ergibt sich denn,
dass die Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht nicht in
1 Vgl. Archiv für öffentl. Recht, Bd IX, 1894, S. 426.
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