Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierzehnter Band. (14)

33 0 
hebenden Stimmen gegenüber soll im folgenden die Richtigkeit 
der herrschenden Lehre dargethan werden. 
Das erste Argument bietet die Geschichte des Art. 5 R.-V. 
Derselbe ist dem Art. 62 preuss. Verf.-Urk.* nachgebildet. Wer 
diese beiden Artikel miteinander vergleicht, wird sich schlechter- 
dings der Vermutung nicht verschliessen können, dass bezüglich 
der Organisation der gesetzgebenden Gewalt bei Abfassung der 
norddeutschen Bundesverfassung eine ausdrückliche Abweichung 
von der durch die vorbildliche preussische Verfassung statuierten 
Organisation beabsichtigt worden ist, und zwar eine Abweichung 
in der Richtung, dass die Organisation der gesetzgebenden Ge- 
walt des norddeutschen Bundes einen dem preussischen Könige 
entsprechenden monarchischen Faktor entbehren sollte; mit anderen 
Worten: dem Bundespräsidium wollte man offenbar eine materielle 
Teilnahme an der gesetzgebenden Gewalt neben Bundesrat und 
Reichstag nicht einräumen‘, 
Bestätigt wird diese Ansicht durch die beiden Schlussworte 
des ersten Absatzes des Art. 5 R.-V. „und ausreichend“, umso- 
scher Einheitsstaat, Berlin 1894, S.212ff.; DErngure, Pandekten, 5. Aufl., 
S. 56, glaubt dem Kaiser zwar nicht für die Regel, aber doch für „ausser- 
ordentliche Fälle“ ein Vetorecht einräumen zu müssen. FRICKER, Die Ver- 
pflichtung des Kaisers zur Verkündigung der Reichsgesetze, Leipziger De- 
kanatsprogramm 1885, S. 3 ff., erklärt die Begründung der herrschenden Lehre 
für ungenügend, ohne sich selbst auf den entgegengesetzten Standpunkt zu stellen. 
BornHAK endlich, Die verfassungsrechtliche Stellung des deutschen Kaiser- 
tums, Arch. f. öff. R. VIILS. 425 ff., 461ff., misst dem Kaiser auf Grund eines 
Gewohnheitsrechtes das Recht der Sanktion zu, wenn er auch zugiebt, dass 
„bei jetziger Lage der Sache .. . die Frage nach der rechtlichen Existenz 
eines kaiserlichen Vetos als eine offene betrachtet werden“ müsse. 
* „Die gesetzgebende Gewalt wird gemeinschaftlich durch den König 
und durch zwei Kammern ausgeübt. 
Die Übereinstimmung des Königs und beider Kammern ist zu jedem 
Gesetze erforderlich . . .* 
5 Die von FRICKER a. a. O.S. 4 gegen diesen Schluss aus Art. 45 Preuss. 
Verf.-Urk. gemachten Einwände sind von MEYER, Anteil S. 61f. treffend 
widerlegt. 
Archiv für öffentliches Recht. XIV. 1. 3
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.