Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierzehnter Band. (14)

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Mit dieser Begriffsbestimmung wird der Verf. der Wirklichkeit unserer 
Verwaltungsrechtspflege gegenüber jedenfalls nicht auskommen. Doch ist die 
grössere oder geringere Genauigkeit hier gar nicht so wichtig. Der Verf. will 
nicht so „anachronistisch“ verfahren, moderne Rechtsinstitute auf die Ver- 
gangenheit zu übertragen; es soll nur untersucht werden, „welche Rechts- 
institute der damaligen Zeit der modernen Verwaltungsrechtspflege ent- 
sprechen“ (S. 64). Also Aehnlichkeiten, praktische Gleichwerthigkeiten werden 
genügen. In der That ist ja der Ausgangspunkt hier und dort ein ganz ver- 
schiedener. Die moderne Verwaltungsrechtspflege ist eine von unserer Gesetz- 
gebung geschaffene besondere Einrichtung zum Zwecke des besseren Rechts- 
schutzes in der Verwaltung. Der alte Staat brachte für das, was wir jetzt 
Verwaltung nennen, Formen der Rechtspflege unbefangen von Haus aus 
mit. „Die Gerichtsgewalt, als der Mittelpunkt aller staatlichen Gewalt, 
bildete das Fundament der landesherrlichen Rechte.“ Sie gibt der ganzen 
obrigkeitlichen Thätigkeit ihre Formen; wenigstens ist es selbstverständlich, 
dass man überall zuletzt die Obrigkeit als Richter findet. Langsam lösen 
sich Polizei und Finanz ab, um sich freier und selbständiger zu bewegen. 
Als die Trennung durchgeführt und die Freiheit eine völlige geworden war, 
hat man nach Verwaltungsrechtspflege gerufen. 
Der Verf. gibt ein gutes Bild der hier angedeuteten Entwicklung. Es 
erweitert sich ihm aber ganz von selbst zu einer umfassenden Geschichte der 
österreichischen Behördenorganisation überhaupt, wobei es mit der Be- 
schränkung auf die „Verwaltungsrechtspflege“ nicht mehr so genau genommen 
wird. Das ist lohnend genug. Namentlich wird man immer zum Vergleich 
angeregt mit den verhältnissmässig bekannteren Erscheinungen in der Ver- 
waltungsgeschichte Frankreichs und Preussens. Oesterreich ist dem letzteren 
natürlich weit voraus. Wir verweisen nur auf die Entstehung der kollegialen 
Mittelbehördev, von welchen S. 33ff. die Rede ist. Sehr anziehend ist auch 
die Darstellung der Hofkanzleien (S. 140ff.); hier kommt die Eigenartigkeit 
des österreichischen Staatswesens so recht zur Geltung. 
Strassburg. Otto Mayer. 
m 
Felix Glatzer, Das Recht der provisorischen Gesetzgebung, in 
Sonderheit nach preussischem Staatsrecht. Breslau, M. u. H. 
Marcus, 1899. X u. 112S. gr. 8. M. 3.50. (Heft 2 der Abhandlungen 
aus dem Staats- und Verwaltungsrecht, herausgeg. von Prof. Dr. Siegfr. 
Brie.) 
Ihrem Gegenstande nach schliesst sich die Abhandlung an die im 
1. Heft der Sammlung abgedruckte Arbeit von FLEISCHMANN über den Weg 
der Gesetzgebung in Preussen an, welche in diesem Archiv Bd. XIII S. 610 
besprochen worden ist. Allerdings ist das Thema dieser Untersuchung be-
	        
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