Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierzehnter Band. (14)

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schränkter und weniger ergiebig, Die Abhandlung ist mit Fleiss gearbeitet, 
wofür schon das am Ende beigefügte Verzeichniss von 75 berücksichtigten 
Werken zeugt; sie ist aber im Verhältniss zu ihrem Inhalt sehr breit. Um 
ja Nichts zu übergehen, bringt der Verf. auch Unwichtiges und Selbst- 
verständliches zu eingehender Darstellung; die vielen Eintheilungen und 
Unterabtheilungen erinnern an die Methode der Scholastik; die zahllosen Ver- 
weisungen auf später folgende Erörterungen und die vielen Wiederholungen 
sind Zeichen einer unzweckmässigen Anordnung des Stoffes. Die wissen- 
schaftliche Ausbeute ist nicht sehr erheblich; das wichtigste dogmatische 
Resultat, welches der Verf. auch durch fetten Druck gebührend hervorhebt, 
ist, dass das provisorische Gesetz eine besondere Art des formellen Gesetzes, 
nicht der formellen Verordnung ist. Da aber den Verordnungen mit provi- 
sorischer Gesetzeskraft grade die Gesetzesform fehlt, so nöthigt die Theorie 
des Verf. zur Annahme von formellen Gesetzen ohne Gesetzesform, was sich 
selbst widerspricht und auf eine Verwechslung von Gesetzeskraft und Ge- 
setzesform zurückzuführen ist. Dies tritt S. 85 deutlich hervor, wo der Verf. 
die Behauptung, dass die Verordnung durch die nachfolgende Genehmigung 
zum formellen Gesetz werde, damit begründet, dass ihre provisorische Ge- 
setzeskraft sich in eine dauernde umwandie. Im Widerspruch hiermit sagt 
er aber dann S. 101, dass die genehmigte Nothstandsverordnung nicht ein 
formell-gültiges Gesetz ist, sondern dieses nur vertritt. Aus den gelegent- 
lichen Bemerkungen einzelner Schriftsteller (v. Rönne, G. MEYER u. A.), dass 
die Nothstandsverordnung unter der Vermuthung oder Voraussetzung er- 
lassen wird, dass der Landtag ihr zustimmen werde, macht der Verf. zwei 
„bisherige Theorien“, die Vermuthungs- und Voraussetzungstheorie, um sie 
zu widerlegen und ihnen die „Theorie der auflösend bedingten Gesetzes- 
kraft“ gegenüberzustellen. Aber die von ihm bekämpften Schriftsteller wollen 
durch diese Bemerkungen gewiss keine juristische Konstruktion der Noth- 
standsverordnung geben und erkennen die resolutiv bedingte Gesetzeskraft 
derselben unbedenklich an. Der Verf. bauscht durch diese Ausführungen 
über „die provisorische Gesetzgebung im Lichte wissenschaftlicher Werthung“ 
die Bedeutung seiner Theorie ungebührlich auf. 
Unter den Erörterungen des Verf. über Einzelfragen scheint mir die 
beste und gelungenste die über Art. 106 preuss. V.-U. zu sein (8. 65f.), in- 
dem er den Gegensatz zwischen Rechtsverbindlichkeit und Rechtsgültigkeit 
im Sinne dieses Artikels richtig darlegt und dadurch die Bedeutung desselben 
besser, als es bisher geschehen ist, klarstellt. 
Die Frage, ob das Etatsgesetz, falls die im Art. 83 V.-U. erforderten 
Voraussetzungen vorliegen, durch eine Nothstandsverordnung ersetzt werden 
kenn, bejaht der Verf. (8. 839f.). Gegen meine Ausführung, dass das Etats- 
gesetz die spezifische Rechtswirkung habe, die Regierung im Voraus von 
ihrer Verantwortung gegen die Volksvertretung zu entlasten, soweit sie sich 
innerhalb der Ansätze des Etats hält, und dass eine vom König einseitig er-
	        
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