Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierzehnter Band. (14)

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Dr. med. Jul. E. Colla, Leiter des Sanatoriums Buchheide bei Finkenwalde 
(Pommern), Die Trinkerversorgung unter dem Bürgerlichen 
Gesetzbuch. Hildesheim, Mässigkeits-Verlag, 1899. IV u. 978. 
gr. 8. M. 1.60. 
Diese vom deutschen Verein gegen den Missbrauch geistiger Getränke 
mit einem Preise gekrönte und herausgegebene, gut geschriebene Abhandlung 
behandelt ein Thema, das ein verwaltungsrechtliches Interesse darbietet. Der 
Verf. zeigt, dass die im $ 6 B. G.-B. vorgesehene Entmündigung von Trunk- 
süchtigen und die Möglichkeit, sie nach ihrer Entmündigung wider ihren 
Willen in eine Anstalt zu bringen, ungenügend ist. Die Entmündigung 
tritt immer erst ein, wenn das Uebel schon so weit vorgeschritten ist, dass 
die Aussicht auf dauernde Heilung eine sehr geringe ist. Die Unter- 
bringung in eine Anstalt müsse der Entmündigung vorhergehen, und die 
Eutmündigung dürfe nur ausgesprochen werden, nachdem ein Heilversuch 
mit dem Kranken in einer öffentlichen oder staatlich anerkannten Trinker- 
heilanstalt vorgenominen worden und der Trunksüchtige für nicht besserungs- 
fähig erklärt worden ist. Unverbesserliche Trinker und wegen Trunksucht 
Entmündigte seien in ein Trinkerasyl aufzunehmen. Der Verf. zeigt die 
Nothwendigkeit, besondere Anstalten für Trinker einzurichten, da die Ver- 
bringung der Trunksüchtigen in Irrenanstalten oder in Familienpflege nur 
unter besonderen, ausnahmsweise gegebenen Voraussetzungen von Nutzen sei. 
Ueber die zweckmässige Einrichtung dieser Anstalten äussert sich der Verf. 
in sehr sachverständiger und überzeugender Weise. 
Den Vorschlägen des Verf. stehen nur zwei Schwierigkeiten entgegen. 
Die eine, welche die geringere ist, besteht in der Aufbringung der Kosten 
für die Trinkerheilanstalten und Trinkerasyle.. Der Verf. rechnet auf ein 
Zusammenwirken der Privatwohlthätigkeit, der Armenverbände und Kom- 
munen und der Staaten, und bei den offenkundigen unmittelbaren und mittel- 
baren Vortheilen — auch in wirthschaftlicher Beziehung —, welche mit der 
Bekämpfung der Trunksucht und der Heilung der Trunksüchtigen verbunden 
sind, scheint diese Schwierigkeit in der That nicht unüberwindlich, wenn- 
gleich der Verf. die Sache vielleicht zu optimistisch ansieht. Die andere 
Schwierigkeit dagegen besteht in der Regelung der Voraussetzungen, unter 
welchen ein nicht entmündigter Trunksüchtiger wider seinen Willen in eine 
Anstalt verbracht werden kann. Der Verf. gibt selbst zu, dass die Ver- 
bringung nur nach einem gesetzlichen Verfahren erfolgen darf; für dieses 
aber gibt er keine anderen Regeln, als dass das Zeugniss eines ärztlichen 
Sachverständigen erfordert wird. Dies allein aber kann nicht genügen und 
es ist wohl nicht zu bestreiten, dass alle die Bedenken und Schwierigkeiten, 
welche der rechtzeitigen Entmündigung eines Trunksüchtigen entgegenstehen 
und vom Verf. selbst so überzeugend und klar auseinandergesetzt werden, 
auch gegen ein gerichtliches Verfahren behufs zwangsweiser Unterbringung 
Trunksüchtiger in eine Trinkerheilanstelt sich geltend machen werden. Ohne
	        
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