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unter angemessener Erweiterung des Grundplans, die grosse Formenfülle des
österreichischen Staatsrechts, der provinziellen Verwaltungssysteme, die durch-
aus eigenartigen Institutionen Ungarns und seiner Nebenländer, der okkupirten
Provinzen, Bosniens und der Herzegowina, zur erschöpfenden Darstellung zu
bringen. Dass dabei gewisse eigenthümliche Züge der österreichischen Ter-
minologie oft wiederkehren, dass Maria Theresia und Kaiser Joseph II. be-
sondere umfangreiche Artikel gewidmet sind, liegt nur in der Natur der Dinge,
ganz ebenso wie etwa regelmässig preussische Darstellungen die verfassungs-
und verwaltungsgeschichtliche Reformbewegung im ersten Drittel des 19. Jahr-
hunderts an die Persönlichkeiten von v. Stein und v. Hardenberg an-
knüpfen. Wie bei solchen Sammelarbeiten der Rahmen immer enger ge-
spannt wird im Laufe der fortschreitenden Publikation, so gestalten sich
auch im letzten Bande die Beiträge immer strenger dem eigentlichen Pro-
gramme gemäss, während die ersten Bände noch weit zahlreichere Exkurse
ins Gebiet des Privat- und Handelsrechts aufweisen, also in Gebiete, in
denen es an trefflichen Bearbeitungen des Systems wie der Einzellehren
in Oesterreich durchaus nicht mangelt.
Ziehen wir die Summe, so ergibt sich an der Hand eines Gesammt-
überblickes über die drei splendid ausgestatteten Bände, wie nach den durch das
zeitliche Arbeitsbedürfniss gebotenen Stichproben, dass das Staatswörterbuch
von MiscHLER und ULBRIcH jedem zum unentbehrlichen literarischen Hilfs-
mittel wird, der sich mit den Fragen des öffentlichen Rechts des öster-
reichisch-ungarischen Staates beschäftigen, dessen Rechtseinrichtungen mit
verwandten des deutschen Staates vergleichen, die vielfach identischen Aus-
gangspunkte rechtsgeschichtlicher Entwicklung prüfen will. Wer fern vom
Parteigetriebe der Zuversicht lebt, dass dem politischen Bündniss der beiden
deutschen Kaiser sichere Stützen erwachsen müssen im gleichen und gemeinen
Recht beider Staatensysteme, — trotz aller nationalen und wirthschaftlichen
Unterschiede, — der wird vor Allem zahlreiche Berührungen wünschen müssen
in ihrem gleichartigen System der Wohlfahrts- und Wirthschaftspflege, der
Rechtspflege, der Sicherheitspolizei, des Steuer-, Gebühren- und Zollwesens etc.
Der wird sich aber auch aus dem schönen Werke von MiscHLER und ULBRIcCH
wieder auf's Neue von der Richtigkeit des Wortes überzeugen, mit dem
R. v. Ingrına den zweiten Band seines „Zweck im Recht“ JuL. GLASER und
Jos. Unser widmete, — des gehaltvollen Programmwortes: „dass wir in
Deutschland wissen, was wir an Oesterreich haben.“
Greifswald. Stoerk.
Georg Ludwig v. Maurer, Einleitung zur Geschichte der Mark-,
Hof-, Dorf- und Stadtverfassung und der öffentlichen Ge-
walt. 2. Auflage. Mit einleitendem Vorwort von HEINRICH Cunow.