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praktischen Werth hinauszulaufen scheint. Allein keinem von
all’ diesen thatsächlichen und scheinbaren Gegengründen ist ein
entscheidendes Gewicht beizulegen.
Die herrschende Ansicht kann sich unberechtigter Weise
von der Idee nicht losmachen, als ob alle Rechtsvorschriften un-
bedingt in eine der beiden grossen Gruppen (Privatrecht und
öffentliches Recht) untergebracht werden müssten, als ob es ein
auf einer unlöslichen Verbindung beider beruhendes Drittes nicht
geben könne. Das sog. deutsche Privatrecht, welches nicht ge-
rade zu seinem Vortheile von römischen Anschauungen aus be-
arbeitet worden ist, war durch die historische Entwickelung des
germanischen Rechts (man denke z. B. an Regalien, Lehen u.s, w.)
gezwungen, vielfach Materien zu behandeln, welche gemischter
Art sind. Dass es auf diesem Wege auch das deutsche Berg-
recht in den Kreis seiner Betrachtungen aufnahm und dass dies
vom Standpunkte eines Lehrbuchs aus vielleicht nicht unzweck-
mässig erscheinen mochte, beweist noch nicht, dass logisch-syste-
matisch das Bergrecht theilweise Privatrecht ist, sondern höch-
stens, dass es von einigen Privatrechtslehrern zeitweise dazu ge-
rechnet worden ist. Es giebt auch solche, die es weggelassen
haben?”,. Eine communis opinio doctorum liegt jedenfalls inso-
weit nicht vor. Wie weit oder wie eng ein Rechtslehrer die
(irenzen seines Stoffes ziehen will, muss nicht von der Ueber-
zeugung einer inneren Nothwendigkeit, sondern kann recht wohl
von äusserlichen und Zweckmässigkeitsgründen abhängen.
Die Thatsache, dass das Einführungesetz zum Bürgerlichen
Gesetzbuch das Bergrecht überhaupt erwähnt, beweist weiter
nichts, als dass diese Zugehörigkeit von Einigen angenommen
werden könnte und thatsächlich auch angenommen wird. Gegen-
# Vgl. z. B. v. Rote, System des deutschen Privatrechts, Tüb. 1880;
H. Lavpr-Stopsee, Handbuch des deutschen Privatrechts. Berl., Wilhelm
Hertz (Besser’sche Buchhandlung), 1875. — WaAHLE, Der Begriff Bergrecht
im objektiven Sinne S. 57.
Archiv für öffentliches Recht. XIV. 4. 31