— 496 —
Allein ausgeschlossen erscheint es doch nicht, dass sich die
Ansichten über diese Punkte in einiger Zeit noch mehr klären,
als es bis jetzt gelungen ist. Jedenfalls aber kostet die Be-
arbeitung dieser heikelsten und auf keine Weise ganz zu um-
gehenden Fragen viel Zeit. Denn insoweit dürfte nicht nur ein
Sammeln der Erfahrungen der in Frage kommenden Bundes-
staaten, sondern wohl auch ein direktes Gehör der Betheiligten
vor Aufstellung eines Entwurfs unerlässlich erscheinen.
Angesichts der angedeuteten juristischen und politischen
Schwierigkeiten, die sich dem sofortigen Erlasse eines deutschen
Berggesetzes entgegenstellen, dürfte denn doch die Frage be-
rechtigt und anderweiter reiflicher Erwägung werth erscheinen,
ob in der That diese Angelegenheit so dringlich ist, dass augen-
blicklich an ihre Bearbeitung herangetreten werden möchte.
Diese Frage würde nach dem Ergebnisse des I. Theiles dieser
Abhandlung unbedenklich zu bejahen sein, wenn Seitens der zur
Vorbereitung und Ausarbeitung der Vorlage berufenen Organe
nichts Dringlicheres zu thun wäre. Da aber letzteres doch der
Fall ist, da eine grosse Reihe gesetzgeberischer Aufgaben der
Reichsgesetzgebung vorliegen, deren Lösung viel wichtiger und
dringlicher ist, als der Erlass eines deutschen Berggesetzes, so
werden sich die Interessenten bescheiden müssen, dass dieser Er-
lass, so nothwendig er auch vom 1. Jan. 1900 an werden wird,
doch aufgeschoben werden muss, bis sich die Zeit dazu findet.
Die rechtsschöpferische Kraft der Nation darf nicht zu stark
angespannt werden. Gut Ding will Weile haben. Will man für
Dezennien etwas Brauchbares, Gediegenes, der bisherigen Ent-
wickelung auf diesem Gebiete Würdiges schaffen, so muss mit
den vorhandenen Kräften hausgehalten werden. Nur keine Ueber-
stürzung, wo kein Grund zur Beschleunigung vorliegt!
Die Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs und aller un-
mittelbar mit demselben zusammenhängenden Gesetze stellt an
die Leistungsfähigkeit der Beamten, welche die Reichs- und