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Erwägung entgegen, dass für das Gesetzgebungsverfahren wie für
alle rechtlich erheblichen Thatbestände, welche sich als Willens-
einigungen einer Mehrzahl von Personen darstellen, eine gewisse
Geschlossenheit gefordert werden muss, wie es beispielsweise beim
Vertrage des Privatrechts nicht minder als des öffentlichen Rechts
geschieht. Dies folgt aus dem inneren Grunde, demzufolge die
Rechtsordnung der Willenseinigung mehrerer Personen rechtliche
Erheblichkeit beimisst; ihr ist die innere Willensübereinstimmung
der mehreren Personen das massgebende, nicht die äussere Er-
klärung; diese gewinnt Bedeutung nur dadurch, dass sie uner-
lässliches Aeusserungsmittel des inneren Willens ist. Wenn ihre
Bedeutung zum Teil weiter ausgedehnt worden ist, so dass sie in
manchen Beziehungen ohne Rücksicht auf den hinter ihr stehen-
den Willen als massgebend erscheint, so ist das eine nur aus
praktischen Rücksichten zu erklärende Anomalie, die nicht un-
nötig zu einer völligen Verkehrung des Verhältnisses zwischen
Wille und Erklärung führen darf. Mit einer solchen Verkehrung
dieses Verhältnisses wäre es aber gleichbedeutend, wenn man der
zu einer Willenseinigung mehrerer Personen erforderlichen Willens-
äusserung der einen Person zeitlich unbegrenzte Wirksamkeit be-
liesse. Auf praktische Rücksichten ist der Grundsatz zurück-
zuführen, dass die Volksvertretung eine einmal gehörig vollzogene
gesetzgeberische Willensäusserung vor Abschluss des Gesetz-
gebungsverfahrens nicht zurückzunehmen vermag, selbst wenn sich
der Wille der Mehrheit inzwischen geändert haben sollte. Doch
darf hieraus nicht geschlossen werden, dass mit der Möglichkeit
einer Willensänderung der Volksvertretung überhaupt nicht ge-
rechnet werden darf und der einmal erklärte Wille für alle Zeit
als bindend bezeichnet wird. Das wäre eine jener Verkehrungen
des Verhältnisses von Wille und Erklärung, welche anzuerkennen
kein bindender Grund zwingt, welche im Gegenteil dem Grund-
satz der Geschlossenheit jedes als Willenseinigung erheblichen
rechtlichen Thatbestandes widersprechen würde. Es folgt also,