Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierzehnter Band. (14)

— 512 — 
Erwägung entgegen, dass für das Gesetzgebungsverfahren wie für 
alle rechtlich erheblichen Thatbestände, welche sich als Willens- 
einigungen einer Mehrzahl von Personen darstellen, eine gewisse 
Geschlossenheit gefordert werden muss, wie es beispielsweise beim 
Vertrage des Privatrechts nicht minder als des öffentlichen Rechts 
geschieht. Dies folgt aus dem inneren Grunde, demzufolge die 
Rechtsordnung der Willenseinigung mehrerer Personen rechtliche 
Erheblichkeit beimisst; ihr ist die innere Willensübereinstimmung 
der mehreren Personen das massgebende, nicht die äussere Er- 
klärung; diese gewinnt Bedeutung nur dadurch, dass sie uner- 
lässliches Aeusserungsmittel des inneren Willens ist. Wenn ihre 
Bedeutung zum Teil weiter ausgedehnt worden ist, so dass sie in 
manchen Beziehungen ohne Rücksicht auf den hinter ihr stehen- 
den Willen als massgebend erscheint, so ist das eine nur aus 
praktischen Rücksichten zu erklärende Anomalie, die nicht un- 
nötig zu einer völligen Verkehrung des Verhältnisses zwischen 
Wille und Erklärung führen darf. Mit einer solchen Verkehrung 
dieses Verhältnisses wäre es aber gleichbedeutend, wenn man der 
zu einer Willenseinigung mehrerer Personen erforderlichen Willens- 
äusserung der einen Person zeitlich unbegrenzte Wirksamkeit be- 
liesse. Auf praktische Rücksichten ist der Grundsatz zurück- 
zuführen, dass die Volksvertretung eine einmal gehörig vollzogene 
gesetzgeberische Willensäusserung vor Abschluss des Gesetz- 
gebungsverfahrens nicht zurückzunehmen vermag, selbst wenn sich 
der Wille der Mehrheit inzwischen geändert haben sollte. Doch 
darf hieraus nicht geschlossen werden, dass mit der Möglichkeit 
einer Willensänderung der Volksvertretung überhaupt nicht ge- 
rechnet werden darf und der einmal erklärte Wille für alle Zeit 
als bindend bezeichnet wird. Das wäre eine jener Verkehrungen 
des Verhältnisses von Wille und Erklärung, welche anzuerkennen 
kein bindender Grund zwingt, welche im Gegenteil dem Grund- 
satz der Geschlossenheit jedes als Willenseinigung erheblichen 
rechtlichen Thatbestandes widersprechen würde. Es folgt also,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.