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Angesichts dieser den Gesetzesverfassern wohlbekannten Kontro-
verse das neue Gesetz, wie es $ 1 des österreichischen Gesetzes
vom 7. Mai 1879 thut, eine absolute Flaggenführungspflicht
statuiren wallen, so würde dieser Wille sicherlich aus einer
zweifellosen Fassung des Gesetzestextes, mindestens aber aus der
Begründung, ersichtlich sein, was nicht der Fall ist; auch hätte
man für eine so wichtige Bestimmung kaum die Form der lex
imperfecta gewählte Man würde also auch dann allen Grund
haben, an der zweiten Auslegung festzuhalten, wenn das neue
(sesetz keinen weiteren Anhaltspunkt dafür böte, dass es den
Standpunkt derselben theilt.e. Ein solcher Anhaltspunkt liegt aber
in $ 9 des Gesetzes, nach welchem ein die Registrirung seines
Schiffes beantragender deutscher Rheder, der zugleich Angehöriger
eine$ fremden Staates ist, dem Registergericht glaubhaft zu machen
hat, dass das Schiff nicht in ein Schiffsregister dieses Staates
eingetragen ist: wird festgestellt, dass eine solche Eintragung be-
steht, so darf das Schiff nicht in ein inländisches Register ein-
getragen werden. Hier behandelt das Gesetz einen Fall, in
welchem ein deutscher Staatsangehöriger, also eine zur Führung
der Reichsflagge auf seinen Schiffen berechtigte Person, obschon
zur Erfüllung der formellen Erfordernisse der Flaggenführung
bereit, sein Recht nicht ausüben darf: wenn er sein Schiff vorher
in ein fremdes Schiffsregister hat eintragen, also es bisher unter
fremder Flagge hat fahren lassen, und diesen Zustand aufrecht
erhalten will, so verbietet ihm dies das deutsche Gesetz
nicht, es knüpft vielmehr daran nur die Rechtsfolge, dass ihm
behufs Vermeidung doppelter Flaggenführung die Ausübung des
Rechts zur Führung der Reichsflagge rechtlich unmöglich ge-
macht wird.
3. Die Berechtigung zur Führung der Reichsflagge
STOERK in von Holtzendorff’s Handbuch des Völkerrechts Bd. II 8. 522,
und ohne Begründung SrtuneLkm, Die strefrechtlichen Nebengesetze des
Deutschen Reiches, 2. Aufl. 8. 857.