_. 48 —
(Sten. Ber. S. 309); diesen Worten zufolge hat man durch die
Einfügung des Abs. 2 des Art. 5 lediglich babsichtigt, der Krone
Preussen ein ihr bisher schon zustehendes Recht auch für die
Zukunft zu wahren und an irgend eine Beziehung des statuierten
Vetorechts auf das Bundespräsidium als Organ des Bundes nicht
gedacht.
Nach alledem scheint in der That die Behauptung BoRrNHAK’s
und FRICKER's (vgl. oben S. 37) berechtigt, dass es sich in
Art. 5 Abs. 2 um ein Veto Preussens im Bundesrate handle.
Wenn aber FRICKER und BORNHAK weiterhin behaupten, aus
einem Widerspruchsrechte Preussens im Bundesrate sei ein Schluss
auf die regelmässige Verkündigungspflicht des Kaisers unzulässig,
so ist ihnen hierin nicht beizutreten. Allerdings sind ein Wider-
spruchsrecht Preussens im Bundesrate und ein Vetorecht des Kaisers
sowohl in juristischer als in politischer Hinsicht Dinge von ganz
verschiedener Bedeutung und könnten darum wohl nebeneinander
bestehen. In ihrer Wirkung würden indessen beide Rechte voll-
ständig gleichwertig sein, und „bei der eminent praktischen Tendenz
der Reichsverfassung lässt sich nicht annehmen, dass dieselbe
lediglich einer juristischen Subtilität zu Liebe zwei derartige Be-
fugnisse gehäuft habe“ (MEYER, Anteil S. 67); ebenso unwahr-
scheinlich ist es, dass um ihrer möglicherweise verschiedenen
politischen Bedeutung willen beide Rechte nebeneinander von der
Reichsverfassung statuiert werden sollten, zumal wo die Erkennt-
nis der Verschiedenheit des Wesens dieser Rechte in den ersten
Zeiten schwerlich sehr deutlich gewesen ist. Meines Erachtens
ist darum der Schluss: „unius positio alterius exclusio*, auf das
Verhältnis des Art. 5 Abs. 2 R.-V. zu Art. 5 Abs. 1 und Art. 17
ibid. anwendbar, mit anderen Worten: das partielle Vetorecht
des „Präsidiums“ im Bundesrate schliesst ein allgemeines Veto-
recht des Kaisers aus.
Mithin lässt Art. 5 R.-V. sowohl in seinem ersten als in
seinem zweiten Absatze als Grundsatz der Reichsverfassung un-