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Literatur.
Carlo F. Ferraris, La nozione scientifica del Dicentramento am-
ministrativo. (Estratto dagli Atti del R. Istituto Veneto di scienze,
lettere ed art. Tomo IX. Serie VII.) Venezia, 1898.
Unter der Bezeichnung Decentralisation werden in dieser Abhandlung
zwei sehr verschiedene Gegenstände zusammengefasst, die Vertheilung der
staatlichen Verwaltung auf lokale Behörden und die Selbstverwaltung. Der
Verf. unterscheidet diese beiden Einrichtungen aber sehr scharf; die Decen-
tralisation bezeichnet er als dicentramento gerarchico oder burocratico, die
Selbstverwaltung als dicentramento autarchico oder territoriale.. Den Schwer-
punkt der Abhandlung bildet die Selbstverwaltung; die Tendenz des Verf.
ist darauf gerichtet, dass die schwachen Anfänge von Selbstverwaltung, welche
in Italien vorhanden sind, dort weiter entwickelt und ausgebildet werden;
die Decentralisation der Staatsverwaltung, deren Voraussetzungen, Vortheile
und Gefahren der Verf. kurz erläutert, dient mehr zur richtigen Abgrenzung
des Begriffs der Selbstverwaltung.
Das Wesen der Decentralisation findet der Verf. darin, dass Gegen-
stände der Regierungsthätigkeit, welche ihrer Natur nach einer Central-
behörde übertragen oder überlassen werden können, von örtlichen Staats-
behörden verwaltet werden. Hierbei scheint mir aber das wesentliche Kri-
terium übersehen zu sein; denn die Vertheilung von Verwaltungsgeschäften
an Lokalbehörden ist mit straffer Centralisation vereinbar. Die Oentralisation
braucht nicht in der Form verwirklicht zu werden, dass die Verwaltungs-
thätigkeit bei einer Behörde konzentrirt ist, sondern sie kann auch dadurch
erzielt werden, dass die Thätigkeit der Lokalbehörden durch Verordnungen
und Dienstanweisungen der Centralstelle einheitlich geregelt wird, und dass
durch Zulassung von Beschwerden oder Rekursen die Verfügungen und Ent-
scheidungen der lokalen Behörden der Ueberprüfung und Abänderung Seitens
der Centralbehörde unterworfen werden. Das Wesen der Decentralisation
besteht daher nicht bloss in der Vertheilung der Geschäfte, sondern in