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fährt er im zweiten mit der Gesellschaft. Er löst sie in fünf. Elemente auf:
mehr als ein Individuum, Zusammenwirken, Zweck, Ort, Dauer. Dazu kommt
bei gewissen Gesellschaften das Erforderniss eines Kapitals. Nachdem er
dann eine Anzahl von Aeusserungen sehr verschiedenartiger Schriftsteller —
er beginnt mit BLUNTSCHLI und endigt mit ARISTOTELES — über den Staat als
eine Unterart der Gesellschaft zusammengestellt hat, kommt er auf Grund
seiner Begriffsentwickelung zu dem Resultat, dass ein Individuum nicht ge-
nügt, um einen Staat zu bilden, wohl aber zwei (l). Das Maximum lasse
sich a priori nicht fixieren; die Wohlfahrt des Staates aber verlange, dass
es nicht zu gross sei. In derselben Weise werden die anderen „Elemente“
behandelt; hinsichtlich der Dauer des Staats z. B. sagt er, dass dieselbe „in der
Theorie“ auf einen Augenblick beschränkt sei, in Wirklichkeit aber mehr oder
weniger lange währe (!) Das dritte Kapitel ist dem Nachweise gewidmet, dass
der Staat kein Organismus sei, weder im Sinne der Naturwissenschaft noch
im übertragenen Sinne; der Staat sei vielmehr eine „natürliche Einheit“, die
aber durch den Willen der Individuen geschaffen werde und die von der
Summe der Individuen, die ihn bilden, nicht verschieden sei. Die Gründe,
welche der Verf. gegen die organische Staatsauffassung geltend macht, sind
nicht neu; er steht ganz auf dem Boden der sogen. materialistischen oder
empirischen Staatstheorie. Im vierten Kapitel betrachtet der Verf. jedoch
den Staat als „Person“. Die Person setze sich zusammen aus der abstrakten
und konkreten Persönlichkeit; die abstrakte umfasse drei „Elemente“; die
konkrete bestehe aus einem, zwei oder drei „Körpern“. Die sich hieran
schliesseude Eintheilung und Charakteristik der Personen ist ein Muster von
so dürrer Scholastik, dass man versucht ist, sie als eine Verspottung dieser
Methode zu balten; dem Verf. ist es aber damit Ernst. Er zieht (S. 84ff.)
die Nutzanwendung auf den Staat, der nach seiner Meinung aus dem ab-
strakten und konkreten Staat besteht und die Merkmale der abstrakten und
konkreten Person an sich trägt. Das fünfte, die Souveränetät behandelnde
Kapitel beginnt mit einer Blumenlese von Citaten und kommt zu dem Re-
sultat, dass die Souveränetät ein wesentliches Element des Staates sei. Das
Wesen der Souveränetät findet er in der Verbindung der volonte generale und
der öffentlichen Gewalt! (S. 121, 137.) Das sechste Kapitel endlich bringt die
„Analyse und Synthese“ des Staates. Die Analyse besteht in der Aufzählung
von zehn Elementen, die Synthese in einer fürchterlichen, diese zehn Elemente
kombinierenden Definition (8.161), deren Quintessenz darin besteht, dass der
Stast eine souveräne Gesammtperson ist. Die verschiedenen, einander aus-
schliessenden Auffassungen des Staates, dieVertragstheorie, die organische Theo-
rie, die materialistische Theorie, die Personifiketionstheorie werden vom Verf.
mit einander zu einem widerspruchsvollen Gemenge verbunden und an Stelle
von Erörterungen, welche zum Verständniss des Wesens des Staates dienen,
giebt er zahllose Eintheilungen und Untereintheilungen ohne praktischen Wertlı
und Definitionen ohne dogmatische Bedeutung. Laband.