— 579 —
Geschichte des Marschallamts bis zu dessen Zweitheilung verfolgt; die Grund-
züge dieser Entwicklung waren allerdings schon durch v. Luscaım’s Forschungen
festgestellt worden, unserem Autor gebührt aber das Verdienst, mit Hilfe
des ihm zu Gebote gestandenen reichen Quellenmaterials die einzelnen Phasen
jenes interessanten historischen Prozesses in eindringlicher und gefälliger
Darstellung klargelegt zu haben. Das alte Marschallamt hat zunächst das
Schicksal der übrigen Hausämter am Hofe der Babenberger getheilt, indem
es, nach Ansicht des Verf. unter Leopold VI. (1198—1230), feudalisirt und
in eine erbliche Landeswürde umgestaltet wurde; vom ausgedehnten und
nicht scharf umgrenzten Wirkungskreise des alten Hofamtes behielt der
nunmehrige Erbmarschall nur die repräsentative Seite eines Ehrendienstes
bei, während die Verrichtung des persönlichen Hofdienstes später frei absetz-
baren Beamten, Hofmarschällen, zugewiesen erscheint, nachdem es gelungen
war, den fortgesetzten Feudalisirungsversuchen hier Einhalt zu thun. Beim
Hofmarschall Kaiser Friedrich’s IIL., Dietrich von Pilichdorf, ist noch die dem
Marschallamt ebenso wie den meisten anderen Hofämtern von Anfang an
eigenthümliche Kumulirung hofämtlicher und staatlicher Funktionen nach-
weisbar; nach seinem Tode (1326) aber vollzog sich auch hier eine Diffe-
renzirung der beiden Geschäftskreise, indem der Hofmarschall auf die
Kompetenzsphäre des persönlichen Hofdienstes eingeschränkt, und die staat-
lichen Agenden einem neuen Beamten überwiesen wurden, welcher seit
Rudolph IV. den Titel „Landmarschall in Oesterreich“ führte und, ohne
aus der Uentralstelle auszuscheiden, definitiv mit der Oberleitung der Ver-
waltung im Lande u. d. E. betraut wurde. Hier endet die zusammenhängende
historische Darstellung; über die weiteren Wandlungen des Landmarschall-
amts, insbesondere über dessen fortschreitende „Provinzialisirung“ geben
einzelne historische Bemerkungen im zweiten, vorwiegend systematischen
Theile Aufschluss; eine knappe Uebersicht über die ferneren Schicksale des
Hofmarschallamts findet man im Anhang I.
Der zweite Theil ist der Amtsthätigkeit des Landmarschalls gewidmet.
Nachdem es den Habsburgern gelungen war, wenigstens bei den höheren
Stellen den reinen Amtebegriff zur Geltung zu bringen, erscheint auch der
Landmarschall als ein auf Widerruf ernannter besoldeter Beamter, bei welchem
öffentlich-rechtliche Momente des modernen Beamtenthums schon nachweisbar
sind; die militärischen, polizeilichen und richterlichen Funktionen desselben
erfabren im ersten Abschnitte eine erschöpfende Darstellung; eigene Kapitel
befassen sich mit den Beziehungen des Landmarschalls zu den anderen Verwal-
tungsorganen des Landes, sowie zu den Landständen. Die Stellung des Land-
marschalls als Mitglied des herzoglichen Rathes gibt dem Verf. Anlass, im
zweiten Abschnitte auch die Geschichte dieses Instituts einer eindringlichen
Würdigung zu unterziehen, wobei v. Luscam’s Auffassung von der Bedeutung
desselben als einer dem Entstehen der Landtage vorausgegangenen Entwick-
lungsphase der landständischen Verfassung eine neuerliche Bestätigung erfährt,