Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierzehnter Band. (14)

— 5856 — 
Arbeit Kıeen’s — eine erweiterte Ausführung des schwedischen Originals — 
rechts- und literargeschichtlicher Natur ist, anerkennen wir bereitwilligst ihre 
grossen Vorzüge und räumen ihr gerne führende Stellung ein unter den der 
Frage bisher gewidmeten fachlichen Untersuchungen. Die dogmatischen 
Ausführungen über Kontrebande dagegen, die Versuche einer sicheren Ab- 
grenzung des erlaubten und des unerlaubten Sachgüterumsatzes in Kriegs- 
zeiten halte ich fast ihrem ganzen Umfange nach für unannehmbar. Die 
Schule ist hier eben bisher künstlich auf dem falschen Geleise erhalten 
worden, auf das sie gerathen war, als die Regeln und Anschauungen über 
Verkehr und Güterumlauf einer längst untergegangenen Völkerwirthschafts- 
periode literarisch fixirt wurden. In den Kapiteln über „die Waarenzufuhr 
an den Feind“ hört man förmlich das Waffengeklirr von Hellebarden und 
ellenlangen Steinschlossflinten, und nichts lässt in den „modernen“ Bearbei- 
tungen der Materie ahnen, dass ein einfaches Kabeltelegramm die Kornsilos 
Argentiniens für Japan und die Japans für Indien öffnet. Wenn erst nach 
H. Preuss’ Skizze über „das Völkerrecht im Dienste des Wirthschafts- 
lebens“ ein der Bedeutung des Stoffes angemessenes Kolossalgemälde vor- 
liegen wird — die Arbeit wird gemacht werden, ob von Preuss selbst oder 
von einem Andern — dann wird auch die Lehre von der Kontrebande ganz 
andere Züge zeigen. Ich fasse meine heterodoxe Ansicht über dies Thema 
in zwei Sätze zusammen, deren principieller Gehalt meines Erachtens grössere 
Berücksichtigung bei Behandlung der Lehre von der Kontrebande fordern 
müsste: 
1. Die Mittel der Kriegführung laufen Hand in Hand mit der Neu- 
gestaltung des Wirthschaftslebens. Objekte, welche noch vor zehn 
Jahren auch bei ängstlichster Prüfung nicht als Kontrebande angesehen 
worden wären, sind heute zweifellos taugliche Mittel für den kriegerischen 
Zweck: Luftballons, Telephon, Telegraph ohne Draht, Akkumulatoren u. s. w. 
2. Jede weitgehende Privilegierung des neutralen Handels schwächt 
das Gefühl der Interessengemeinschaft der Staatengesellschaft. Da, wo der 
Kampf unausweichlich geworden ist, ist er heute fast niemals mehr ausschliess- 
lich Sache der beiden kämpfenden Parteien, die die Noth des Krieges auf 
ihre Schultern geladen haben. Das mit dem Schwerte zu lösende Problem 
ist im strengen Wortsinne res communis omnium. Regelmässig liegt bei 
den Krieg führenden Parteien eine Art negotiorum gestio vor, deren Kosten 
auch die Anderen zu tragen verpflichtet sind. 
Je mehr Schutzmittel wir den im Grunde persönlich betheiligten Zu- 
schauern gewähren, um so schwerer wird die drückende’ Last den Krieg- 
führenden selbst, um so geringer das Interesse der Neutralen, mit allen 
Mitteln dem Ausbruche des Krieges vorzubeugen. Je grösser die Erschütte- 
rung ist, die das gesammte Wirthschaftsleben der Menschheit durch den 
Ausbruch eines Krieges erleidet, um so mehr steigert sich das Bewusstsein 
der Solidarität des Interesses aller Völker am Frieden.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.