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Wenn Kulturvölker um schwerer Fragen willen, die ihnen das Ver-
hängniss gestellt hat,.verbluten, soll nicht anderen ohne Weiteres durch zu-
weitgehende Schutzmassregeln eine stille Oase eingerichtet werden, von
welcher aus sie in klingender Münze den Lohn ihres „desinteressements“ ein-
kassieren können. Auch der Handel ist ein Machtmittel des Staates; je in-
tensiver dieser bei den Krieg führenden Parteien wie bei den Neutralen von
den Erschütterungen getroffen wird, die der Krieg mit sich bringt, um so
mehr wird jeder neutrale Staat dem Ausbruch des Krieges vorzubeugen be-
müht sein, weil er um so mehr sich sagen wird, res mea agitur.
Diese Erwägungen, die ohne Zweifel auch aus der fleissigen Arbeit
KLEEN’s nachhaltige Anregungen gefunden haben, zeigen, dass auch in diesem
Theile des Kriegsrechts die Theorie weitaus den Grad der Vollendung über-
schätzt, den das Werk der gesellschaftlichen Organisation der
Staaten in Krieg und Frieden thatsächlich erreicht hat.
Stoerk.
Nagao Ariga, La guerre sino-japonaise au point de vue du droit
international. ÖOuvrage accompagne d’une preface par Paul
Fauchille. Paris, A. Pedone, 1896. 310 S. 8°.
Sakuy& Takahashi, Cases on International Law during the Chino-
Japanese war. With a preface by T. E. Holland and an intro-
duction by J. Westlake. — Cambridge at the University Press, 1899.
219 S. gr. 8°.
Für den Entwicklungsgang des internationalen Rechts und seiner An-
sätze zur Befestigung einiger Grundregeln des Kriegsrechts war der grosse
Zusammenstoss der beiden Hauptvölker Ostasiens von entscheidender Be-
deutung. Seine grosse Anpassungskraft hat ‚Japan auch den Grundsätzen
des ehemals „europäisch* genannten Völkerrechts genähert und hat das in
seinen offiziellen Kreisen so reformlustige und, wie es scheint, auch reform-
tüchtige Reich zum Pionier des in der Literatur mehr als in der Praxis
gesicherten modernen Kriegsrechts im fernen Westen gemacht. Ist der
Versuch auch in der Hitze des Gefechtes vielleicht nicht an allen Punkten
in die That umgesetzt worden, so bleibt er doch immer ein hohes Verdienst
Japans, das sich weitgehende Selbstbeschränkungen seiner kriegerischen
Aktion auferlegte, ohne diese von der Beobachtung der Reziprozität
seitens seines asiatischen Gegners abhängig zu machen. Unter diesen Um-
ständen hindert uns auch der nationale Standpunkt des Verf. nicht, mit
wachsender Sympathie für Japan den zahlreichen Streitfragen nachzugehen,
die sich aus der Geschichte des grossen Krieges ergaben und die Naaao
Arısa an der Hand vieler wichtiger, dem Buche beigefügter Akten-
stücke pragmatisch behandelt. Von besonderer Wichtigkeit für die Fragen
des Landkrieges sind dabei die Kapitel: über den Schutz, den Japan bei